Vor rund zwei Jahren stellte Hymer mit dem Crossover eine spektakuläre Allradversion des Grand Canyon S vor. Der extrem bullige Auftritt des Sprinter 4×4, kombiniert mit einer umfangreichen Ausstattung mit Fokus auf autarkes Reisen, kam gut an. Jetzt hat der oberschwäbische Hersteller Hand angelegt und rückt den neuen Grand Canyon S Crossover auf dem Caravan Salon 2024 ins Rampenlicht. Optisch in Grau-Metallic und etwas dezenterer Beklebung, dafür im Detail verbessert und in Sachen Autarkie weiter optimiert. Was es gebracht hat, konnte CamperVans bereits vor der offiziellen Präsentation in Düsseldorf testen.
Autark druch zweite WC-Kassette
Denn beim Vorgänger gab es auch Kritikpunkte. So bemängelte Chefredakteur Andreas Güldenfuß beim großen Praxistest des Crossover im Jahr 2023 die Toilettensituation mit lediglich einer Kassette, die nach wenigen Tagen geleert werden muss. Schließlich wurde das Fahrzeug damals schon als tauglich für zehn autarke Campingtage beworben!
In diesem Punkt schafft Hymer nun mit einer zweiten Toilettenkassette, die im Bettenpodest verstaut ist, Abhilfe. Nach ein paar Tagen soll der Camper die Kassetten durchtauschen. Eine in der 4×4-Szene geschätzte Trockentrenntoilette ist aber weiterhin nicht an Bord.
Geringfügig aufgestockt wurden die Akku-Kapazitäten (jetzt 320 Ah Lithium statt zuvor 300 Ah). Ebenfalls an Bord: ein 95-Watt-Solarpaneel – mit Option auf ein zweites. Ergänzt wird das serienmäßig optimierte Autarkie-Paket mit einem Wechselrichter (1.300 Watt Dauerleistung),
einem Frischwasserfilter und einer 6-kW-Dieselstandheizung. Der Kompressor-Kühlschrank mit beidseitigem Türanschlag fasst 90 Liter.
Im Vergleich zum Vorgänger verbessert: die solide und in eingefahrenem Zustand flach an der Fahrzeugunterseite anliegende elektrische Offroad-Trittstufe ermöglicht 46 Zentimeter Bodenfreiheit. Praktisch: Die Entleerung des Abwassertanks erfolgt elektrisch auf Knopfdruck am Armaturenbrett.
Weitere Ausstattungsmerkmale des Offroaders sind unter anderem wärme- und geräuschdämmende Filzkaschierungen an den Seiteninnenwänden sowie praktische Multifunktionsschienen für Ablagebretter und Leuchten im Bereich der Küche und Sitzgruppe. Diese Details nehmen ebenso wie das Wohnraum-Desgin Anleihen am Venture S. Dazu gehört auch eine Pendelleuchte an der Sitzgruppe und eine umfangreiche LED-Beleuchtung auf mehreren Ebenen. Natürlich bringt auch der Crossover die Bedienung der Bordtechnik via Hymer Connect App auf dem Smartphone mit.
Bequemer beladen
Gut gelungen ist das neue Schlafkomfortsystem für das – dank Karosserieaufsätzen an den Flanken des Sprinter 4×4 – 195 mal 135 Zentimeter große Querheckbett. Platz sparende Rollmatratzen mit integrierten Tellerfedern sorgen für guten Liegekomfort. Zudem ist die Liegefläche teilbar. Im hintern Bereich ist die Liegefläche 65 Zentimeter breit. Ein Camper kann demnach im Bett chillen, während der Partner vor dem aufgestellten Teil des Bettes genug Platz im hier 52 Zentimeter breiten Mittelgang findet, um bequem an die umlaufenden Oberschränke zu gelangen.
Nach vorne hin schließt sich auf der Beifahrerseite die 90 mal 41 Zentimeter große und an den Kanten abgerundete Küchenplatte an, die Hymer mit Zweiflammkocher inklusive elektrischer Zündung und Gussrost sowie kompakter Edelstahlspüle versieht. Schubfächer für Geschirr und Vorräte sowie eine Einhängearbeitsplatte (25 mal 39 Zentimeter) ergänzen die Einrichtung der Bordkombüse.
Gegenüber baut Hymer nach wie vor ein für diese Fahrzeugklasse – 5,93 Meter Fahrzeuggesamtlänge – geräumiges Bad ein (90 mal 75 Zentimeter), wenn auch mit geringer Stehhöhe (1,82 Meter). Gut: Die integrierte Duschtasse besitzt zwei Abläufe. Weniger gut: die auch mit Bad mit Stoff bespannte Decke. Dazu gibt es ein Platz sparendes Klappwaschbecken und ein Fenster für den Dunstabzug.
Die gut ausgeformten Polster der Quersitzbank im Bug bieten guten Sitzkomfort. Der Tisch ist mit 89 mal 45 Zentimetern groß genug und lässt sich zum Beifahrersitz hin erweitern. Recht schmal fällt der Mittelgang mit 44 Zentimetern zwischen Sitzbank und Küche aus, doch weitet sich der Gang nach hinten zwischen Küche und Bad auf angenehme 57 Zentimeter.
Gegen 4.990 Euro Aufpreis verbaut Hymer ein manuelles Aufstelldach mit 2,0 mal 1,2 Meter großem Dachbett samt bequemer Matratze. Als Basis dient weiterhin der bewährte Mercedes-Benz Sprinter 419 CDI mit 190 PS Leistung, permanentem Allradantrieb und 9 Gang-Automatikgetriebe. 16-Zoll-AT-Bereifung, Unterfahrschutz sowie zahlreichen Fahrassistenten sind stets Serie.
All das verhilft dem Crossover zu einem kraftvollen Durchzug, robuster Offroad-Tauglichkeit sowie hohem Fahrkomfort, auch und gerade auf der Straße. Unser Testwagen brachte inklusive Aufstelldach und vollem Dieseltank rund 3,3 Tonnen auf die Waage. Da der Crossover somit ohnehin nicht mehr ins 3,5-Tonne-Segment passt, empfiehlt sich die Auflastung von 3,88 auf 4,1 Tonnen. Der neue Hymer Grand Canyon S Crossover kostet mindestens 130.990 Euro, das sind rund 5.000 Euro mehr als bisher.
Fazit nach einer ersten Tuchfühlung ohne grobes Gelände: Hymer tritt an, um den Grand Canyon S Crossover zu verbessern. Das gelingt dem oberschwäbischen Anbieter recht gut. Der knapp 131.000 Euro teure Offroader punktet dank einem leistungsstärkeren Energiesystem und vielen Verbesserungen im Detail: etwa die neue Trittstufe für mehr Bodenfreiheit, Leseleuchten über Fahrer- und Beifahrersitz sowie ein nun stabil arretierendes Trennschott zwischen Wohnraum und Heckstauraum. Für mehr Autarkie ergänzt Hymer eine zweite Toiletten-Kassette. Konsequenter wäre eine Trenntoilette. Über jeden Zweifel erhaben: Die solide und mit Fahrassistenzsystemen bestückte Mercedes-Benz-Sprinter-Allradbasis mit leistungsstarkem 190 PS-Aggregat und 9-Gang-Automatik.
Infobox
Technische Daten
Basisfahrzeug: Mercedes-Benz Sprinter 419 L2H2. Vierzylinder-Turbodiesel mit AdBlue und SCR-Katalysator. Euro 6d. Hubraum 1.950 cm³, Leistung 141 kW (190 PS) bei 3.800/min, max. Drehmoment 400 Nm bei 1.400/min. 9G-Tronic-Automatikgetriebe,über Lamellenkupplung elektronisch geregelter Allradantrieb
Maße und Massen: (L x B x H) 593 x 206 x 293 cm, Radstand 367 cm, Stehhöhe: Wohnraum 192 cm, Nasszelle 182 cm; Masse in fahrbereitem Zustand: 3.192 kg; zulässige Gesamtmasse: 4.100 kg
Aufbau: Stahlblechkarosserie mit Aufstelldach, vollisolierte Bodenplatte, vollflächige Karosserie-Isolation mit Polyethylen-/XPS-Dämmung 16/23 mm, Stoff-Kaschierung, Aluminium-Rahmenfenster
Betten: Heck-Querbett 195 x 130/135 cm, Bett im Aufstelldach 200 x 120 cm
Füllmengen: Frisch-/Abwasser 100/85 l, Gas 1 x 5 kg, Kühlschr. 90 l, Diesel 93 l, AdBlue 22 l
Serienausstattung: (Auszug) Fahrer- u. Beifahrerairbag, Klima Fahrerhaus, Diesel-Heizung 6 kW, 4 x 80 AH Lithium-Akkus, Markise
Extras: Auflastung 4.100 kg 260 €, Aufstelldach in Wagenfarbe 4.990 €
Grundpreis: 130.990 €
Testwagen: 136.240 €