Es geht um die Bewohnbarkeit des Planeten.“ So formulierte es Klimaforscher Gerald Haug kürzlich in einem Spiegel-Interview, und er sagte es sicherlich nicht überspitzt. Höchste Zeit also, dass sich die CamperVans-Redaktion dem Thema annimmt und (mal wieder) in einen rein elektrisch angetriebenen Camper stürzt? Naja, noch sind wir sicherlich nicht zu spät. So langsam aber nimmt die Geschichte auch in der Caravaning-Branche Fahrt auf – beinahe wöchentlich erreichen uns mittlerweile Pressemitteilungen zu neuen Campern auf elektrifizierten Basisfahrzeugen. Wir informieren dann meist fleißig über unsere Online-Kanäle, mit, sagen wir gemischten Reaktionen eurerseits. Oft sind die (Vorserien-)Fahrzeuge aber auch sündhaft teuer und – zumindest auf den ersten Blick – nur wenig praktikabel.
Doch wie sieht’s bei einem kompakten, recht erschwinglichen Campingbus aus, der auch tatsächlich schon zu haben ist? Beim Pössl E-Vanster war die Situation ohnehin eine andere. Keine große Präsentation seitens Pössl, keine Greenwashing-Phrasen. Vielmehr der sympathische Händler Clemens Schulze von der Kastenwagenwelt, der uns fragte, ob wir mal Probe fahren wollen. Natürlich wollen wir. Und natürlich philosophierten Chefredakteur Güldenfuß und ich bereits auf der Fahrt von Stuttgart nach Jestetten, wie viel Mobilitätswende die ohnehin schon nachhaltigste aller Urlaubsformen braucht und vor allem ab wann. Ganz unabhängig von der Frage, ob
unser Stromnetz es überhaupt verkraften würde, wenn plötzlich alle nach Feierabend ihre Autos einstecken, Abendessen kochen, noch der Fernseher läuft und das Haus hell beleuchtet ist.
Wobei das Thema Laden natürlich schon der erste Fallstrick ist, zumindest für mich und alle anderen Städter ohne eigenen Stellplatz mit Steckdose. Doch wieder mit dem Auto zum Einkaufen, um beim Supermarkt Strom zu zapfen? Oder nach dem Ladevorgang an einer öffentlichen Ladesäule umparken? Beides keine Option. Andreas wäre da deutlich besser aufgestellt, mit eigener Einfahrt vor dem Haus, auf die ein Campingbus gut passen würde. Noch dazu käme ihn der Stromer durch die geringeren Betriebskosten beim täglichen Pendeln in den Verlag irgendwann wohl günstiger als ein Verbrenner – genau so, wie der Stromer früher oder später klimafreundlicher ist, auch wenn Batterieproduktion und Stromerzeugung aktuell noch alles andere als CO₂-neutral geschehen.
Nun aber endlich Klartext zum E-Vanster. Der surrt mit seinen 136 Elektro-PS zügig und leise vom Hof des Händlers, irgendwo ins Grüne, ich am Steuer. Dem WLTP-Prüfzyklus zufolge sollten wir (mit der großen 75-kWh-Batterie) 322 Kilometer weit kommen. Im selben Datenkasten steht allerdings ein kombinierter Stromverbrauch von 27 kWh auf 100 Kilometer – also werden vermutlich eher 275 Kilometer möglich sein, und dann ist der E-Vanster immer noch nicht voll beladen. Dennoch: Glaubt man dem Routenplaner unter www.goingelectric.de, wären wir mit dem batterieelektrischen Citroën
SpaceTourer in 6:31 Stunden vom Händler in Jestetten aus auf einem 511 Kilometer entfernten Campingplatz am Gardasee, inklusive drei Ladestopps à 16 Minuten. So viel Zeit sollte man auf dem Weg in den Urlaub gerade noch übrig haben.
Zumal man es sich während der Ladepausen im Camper bequem machen könnte, im Idealfall bei einem frisch aufgekochten Kaffee. Der Pössl E-Vanster kommt – genau wie das Schwestermodell mit Verbrenner-Motor – serienmäßig mit drehbaren Fahrerhaussitzen, Aufstelldach und einem klappbaren Induktionskochfeld samt 230-Volt-CEE-Außenstromanschluss für die Zulassung als Wohnmobil. Außerdem ist das Basisfahrzeug bereits ab Werk gut ausgestattet, beispielsweise mit einer Klimaanlage, zwei Schiebetüren und drei Sitzplätzen in zweiter Reihe.
Damit das mit dem Kaffee in der Ladepause klappt – der E-Vanster kommt ohne zusätzliche Aufbaubatterie – verfügt das Vorführfahrzeug zudem über ein optionales Möbelmodul im Kofferraum, das Geschirrschubladen, ein Spülbecken samt zwölf Liter Frisch- und Abwassertanks sowie einen zweiflammigen Gaskartuschenkocher bietet. Auch eine passende Kühlbox wäre erhältlich. Wird die Campbox wie im Vorführer inklusive Sleep-Funktion geordert, erhält der E-Vanster mittels Bettgestell zwei zusätzliche, bequeme Schlafplätze. Dennoch bleibt genügend Platz für Gepäck, hauptsächlich zwischen zweiter Sitzreihe und der Heckküche. Auf den ersten Blick fehlt eigentlich nur ein Tisch, der bei schlechtem Wetter idealerweise auch im Innenraum genutzt werden kann. Speziell beim E-Vanster ist aktuell außerdem noch keine Standheizung möglich.
Bleibt die Frage, für wen der E-Vanster interessant ist. Einen deutlich überwiegenden Teil Alltagsnutzen bei ein paar Camping-Tagen prophezeien wir jedem Vanster-Kunden, egal ob mit oder ohne „E“, zumindest wenn nicht gerade ein Sabbatjahr geplant wird. Dass man ohne feste Möbelzeile wunderbar auskommen kann, beweisen sämtliche California Beach-Fahrer seit Jahren. Und preislich? Der batterieelektrische Vanster startet bei 55.990 Euro, das Verbrenner-Pendant ist mit ähnlicher Motorisierung und Automatikgetriebe ab 41.490 Euro zu haben. Allerdings wird der Kauf eines Elektroautos vom deutschen Staat und den Herstellern durch den sogenannten „Umweltbonus“ subventioniert – im Falle eines E-Vanster mit einem Netto-Listenpreis zwischen 40.000 bis 65.000 Euro sind das 7.500 Euro. Dazu kommen etwa geringere Wartungskosten und die Befreiung von der sonst üblichen Kfz-Steuer. Auch in Österreich und der Schweiz gibt es mit dem Wegfall der Normverbrauchsabgabe (NoVA) bzw. der Automobilsteuer entsprechende Modelle.
Ob Vielfahrern mit Lademöglichkeit der E-Vanster langfristig günstiger kommt, hängt aktuell vor allem davon ab, wie sich der Gebrauchtmarkt für batterieelektrische Fahrzeuge entwickelt – und da bekommen es gerade die E-Camper mit besonders wertstabilen Verbrennern zu tun. Wer das Risiko eingehen will, schafft es theoretisch auch heute schon nicht nur bis ins Allgäu oder an den Gardasee, sondern beispielsweise auch ans Nordkap. In 250-Kilometer-Schritten von Schnellladesäule zu Schnellladesäule – alles schon da gewesen, allerdings nur mit viel Planung, Zeit und Geduld.
Infobox
Basisfahrzeug: Citroën ë-SpaceTourer M, Elektromotor, Leistung: 100 kW (136 PS), Drehmoment: 260 Nm. Batterie: 75 kWh, Automatikgetriebe, Frontantrieb, Höchstgeschwindigkeit: 130 km/h. Verbrauch: (kombiniert, laut Hersteller) 27,9-26,2 kWh/100 km, Reichweite: (kombiniert, laut WLTP) 322 km. Ladedauer: (laut Hersteller) AC, 11-kW-Wallbox, 3-phasig (0–100 %) ca. 7 Std., DC, 100-kW-öffentliche Ladestation (0–80 %) ca. 45 Min.
Maße und Massen: (L x B x H) 496 x 192 x 199 cm, Radstand 327,5 cm. Leergewicht: (laut Hersteller) 2.487 kg, zulässige Gesamtmasse: 3.100 kg
Aufbau: Stahlblechkarosserie mit Aufstelldach, Möbelmodule aus Pappelsperrholz oder Alu-Dibond
Betten: unten 188 x 118, oben 189 x 102 cm
Serienausstattung: (Auszug) Fahrerhaussitze mit Drehkonsolen, Aufstelldach, Induktionskocher, zweite Schiebetüre, Klimaanlage, Sitzheizung, LED-Tagfahrlicht
Sonderausstattung: (Auszug) Navigationssystem 649 Euro, Drive-Assist-Paket 529 Euro, Einparkhilfe akustisch plus Rückfahrkamera 549 Euro, Ladekabel 508 Euro, Campbox Kitchen & Sleep 2.599 Euro
Grundpreis: 55.990 Euro
Gesamtpreis: (vor Förderung) 60.999 Euro
Kaufberatung
Übrigens: In unserem XL-Guide zum Camper-Kauf findest du die optimale Einstiegshilfe mit Detail-Infos zu Fahrzeugtypen, Zubehör-Must-Haves, hilfreichen Ratschlägen zu Neukauf, Mieten oder Versicherung eines Campers.