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Mehr Saft, mehr Freude?

30.01.2023
Text: Robert Glück | Bild: R. Glück, K. Kaufmann

Aktuell spielen sich dezidiert als „Untersitzbatterien“ deklarierte LiFePO4-Akkus als einfach nachrüstbare Stromspeicher in den Fokus. Hier eine Übersicht und etwas Zusatzwissen.

Man muss kein überzeugter Freisteher sein, um eine verlässliche Stromreserve im Camper zu schätzen. Volle Stellplätze oder voll belegte Stromkästen auf überfüllten Campingplätzen können einen dazu zwingen, länger auf die eigene Stromreserve im Van zurückgreifen zu müssen. Je nach Verbrauch und Dauer der landstromfreien Zeit kann es zügig eng werden mit dem Strom aus dem eigenen Depot. Es entsteht der Wunsch nach höherer Reserve und mehr Souveränität. Doch auch das Thema Modernisierung oder technische Verbesserung der elektrischen Anlage im Van ist ein Aspekt, der LiFePO4-Akkus in den Fokus eines Campers rückt.

Dies hat auch der Markt erkannt, der mittlerweile sogenannte Untersitzbatterien anbietet. Der Witz an der Sache: Kaum ein Anbieter definiert in der Produktbeschreibung, unter welchen Sitz seine Akkus passen. Und jene, die es tun, vergessen die Nennung des Baumusters oder Baujahres. Trotz dieses Schattens der Unprofessionalität über dem Vermarktungsargument „Untersitzbatterie“ haben wir LiFePO4-Akkus, die unserer Erfahrung nach in die Sitzkonsolen vieler Basisfahrzeuge passen, zusammengetragen und eine Übersicht erstellt.

Formatfrage: Links die Liontron „Untersitzbatterie“ mit 200 Ah in einem individuellen Gehäuse und seitlichen Polabgängen. Bei solchen Batterien unbedingt die Abmessungen prüfen. Diese 200er Liontron passt beim aktuellen Fiat Ducato unter die Fahrersitze. Einfacher zu verstauen, oft sogar im Doppelpack, sind Batterien in Normgehäusen der Größen H7 und H6. Die Liontron mit 100 Ah (rechts) entspricht beinahe der H7-Größe.
Foto: Redaktion

Mit Untersitzbatterien werden im Wortsinn Batterien bezeichnet, die in die Sitzkonsolen, also unter Fahrer- oder den Beifahrersitz, passen. Wir haben zu diesen Batterien noch eine Auswahl weiterer Stromspeicher in Augenschein genommen, die in die Batteriefächer der bestehenden Versorgerbatterien passen und sich daher ebenfalls recht häufig unter den Sitzen wiederfinden.

Allen anheim ist die Intention, möglichst einfach im Van untergebracht werden zu können – Plug-and-play sozusagen. Am besten als direkter Ersatz für die dort platzierte AGM- oder Blei-/Säure-Batterie.Während die Untersitzbatterien in eigenständigen Gehäusen stecken, kommen viele LiFePO4-Akkus in den Gehäusen konventioneller Autobatterien daher, wodurch sie sehr einfach im gegebenen Halter der Versorgerbatterie fixiert werden können. Hier ist vor dem Kauf darauf zu achten, dass die Polbelegung der neuen Batterie identisch ist mit der alten Batterie, da sonst die Anschlusskabel zu kurz sein können.

Strom ist unsichtbar – Technik nicht. Oben ist das BMS (Batterie-Management-System) erkennbar, darunter die stromspeichernden LiFePO4-Zellen.
Foto: Redaktion

Allerdings warten LiFePO4-Akkus auch gerne mit M8-Schraub- statt Klemmpolen auf. Adapter liegen in den seltensten Fällen der Batterie bei, sie müssen im Zubehörhandel oder direkt beim Batteriehersteller dazugekauft werden. Die Vorteile von LiFePO4-Akkus liegen auf der Hand: Sie sind leichter, speichern bei gleicher Baugröße deutlich mehr Strom, sind schneller geladen und können deutlich stärkere Ströme über einen längeren Zeitraum abgeben. Zudem, und dies ist das wichtigste Argument, kennen sie das Problem der Sulfatierung nicht.

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Lebensdauer LiFePO4-Batterie

Was sagt die Anzahl der Ladezyklen über die Haltbarkeit der Batterie aus? Die Zyklenfestigkeit gibt an, wie oft eine Batterie entladen werden kann, bevor sie einen gewissen Anteil ihrer Kapazität verliert. Doch diese Zahl steht immer in Relation zu der Entladetiefe – auch als DoD (Depth of Discharge) bezeichnet. DoD wird in Prozent angegeben und bezeichnet den Grad der Entladungstiefe. 100 % DoD entspricht dabei einer vollständigen Entladung, 10 % DoD einer nur zehnprozentigen Entladung. Die Angabe der Zyklenfestigkeit macht also immer nur in Verbindung mit dem DoD-Wert Sinn. Wichtig zu wissen: Der Stress für eine LiFePO4-Batterie ist bei einer 90-%-Entladung wesentlich höher als bei einer 20-%-Entladung. So werden zwei baugleiche Batterien bei 90 % DoD und bei 20 % DoD eine unterschiedliche Anzahl von Zyklen erreichen.

Herkömmliche Batterien verlieren in teilgeladenem Zustand durch Sulfatierung stetig an Speicherkapazität, das passiert bei LiFePO4-Akkus nicht. Sogar die regelmäßige Vollladung ist bei ihnen nicht notwendig. Die Nachteile dieses Akku-Typs sind übersichtlich. Sie sind teuer und nur in einem überschaubaren Temperaturfenster ladefähig – grob definiert zwischen null und 45 Grad Celsius. Da die Versorgerbatterien aber meistens im Innenraum platziert werden, entfällt das Thema unter dem Gefrierpunkt häufig. Über 45 Grad hingegen werden mittlerweile auch in unseren Gefilden in Fahrzeuginnenräumen immer häufiger überschritten, weswegen es im Sommer bei großer Hitze zum Abbruch der Ladung eines LiFePO4-Akkus kommen kann.

Marktübersicht: Untersitzbatterien und Batteriekasten

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Marktübersicht Untersitzbatterien

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Lohnt sich eine Umrüstung?

Du hast ein funktionierendes Energiesystem auf Basis konventioneller Batterien, dessen Potenzial dir in 90 Prozent deiner Einsätze ausreicht? Dann lohnt sich eine Umrüstung nicht. Willst du hauptsächlich autark stehen oder renovierst gerade deinen Van beziehungsweise du baust gerade einen Kastenwagen aus? Dann führt an LiFePO4-Akkus kein Weg vorbei. Finanziell sind LiFePO4-Akkus keine Leichtgewichte, materiell dagegen schon. Wer mit Gewichtsproblemen im Van, aber nicht im Portemonnaie kämpft, darf ebenfalls gerne in LiFePO4-Akkus investieren. Denn die Gewichtsersparnis gegenüber herkömmlichen AGM-, Gel- oder Blei-/Säure-Akkus liegt gemessen an der Kapazität bei rund 50 Prozent. Lese hierzu auch: Umrüstung auf 200 Ah-LiFePo-Batterie im Knaus Boxlife DQ.

Liontron LiFePO-Umbau im Knaus Boxlife 600 DQ
Foto: Redaktion

Geht Plug-and-play? Jetzt muss man genau hinschauen. Werblich wird bei einigen Anbietern die Aussage, dass LiFePO4-Akkus AGM- oder Blei-/Säure-Batterien Plug-and-play ersetzen können, stark betont. Andere dagegen weisen ausdrücklich darauf hin, dass ihre LiFePO4-Akkus nur mit entsprechenden LiFePO4-tauglichen Ladegeräten geladen werden dürfen. Was stimmt nun also? Wir können hier keine weit ausladende, wissenschaftliche Diskussion starten, also müssen wir den gesunden Menschenverstand bemühen. Die Vernunft lehrt uns, nicht alle Marketingversprechen zu glauben. Beweise dafür gibt es genug, auch ein bekanntes Markenwaschmittel schafft es bis heute noch nicht wirklich, alle Flecken aus der Wäsche zu entfernen. Und dies, obwohl doch seit Jahrzehnten jede Generation „noch reiner wäscht“.

Foto: Redaktion

Doch bleiben wir bei LiFePO4-Akkus. Wendet man sich von den teils marktschreierischen Startseiten der Websites ab und bemüht den Download-Bereich im Untermenü, stößt man auf folgende Erkenntnis: In einigen Handbüchern und Garantiebedingungen finden sich klare Widersprüche oder zumindest Relativierungen zu den vollmundigen Marketingversprechungen.

Beispiele gefällig? CS-Batteries trifft auf der Internetseite bei der Beschreibung der Untersitzbatterie 12V/100Ah, Artikelnummer CSX12100-BMS100CS, folgende Aussage: „Zum Einsatz der Batterie ist keine Änderung am Wohnmobil oder Zusatzelektronik erforderlich.“ Da kann der Kunde schnell zu dem Schluss kommen, dass Plug-and-play doch geht. Aber Obacht, denn in Kapitel 10 der Bedienungsanleitung derselben Batterie finden sich folgende Sätze: „Achtung! Verwenden Sie nur für LiFePO4-Zellen geeignete Ladegeräte mit einer Ladeschlussspannung von 14,6 V!“ und „Achtung! Selbst einfache Blei-, Gel-, Säure- und AGM- Batterieladegeräte können die LiFePO4-Batterie beim ersten Anschluss beschädigen!“ Das liest sich dann weniger Plug-and-play als in der Produktbeschreibung.

Nun kann man CS-Batteries zugutehalten, dass besagte Batterie explizit als „Untersitzbatterie Ducato“ angeboten wird. Allerdings ohne jeglichen Hinweis auf Baujahr oder ähnliche technische Spezifikation des Fahrzeugs. Auch Supervolt beschreitet marketingtechnisch einen grenzwertigen Weg. Auf der Homepage bei der Produktbeschreibung der 12V 100 Ah-LiFePO4 steht: „Direkt mit der alten Batterie austauschbar ohne zusätzliche Geräte.“ Im Kapitel FAQs tief unten auf der Webseite findet man beim Thema Lade-Booster folgende Aussage: „Wir empfehlen, einen Lade-Booster/Laderegler zu verwenden, da man mit diesen die für Lithium- Batterien optimale Ladekurve einstellen kann. Das dient der längeren Lebensdauer der Batterien.“

Damit der Fahrersitz nicht zum „Hot Seat“ wird: Batterie gut sichern und bei der Kabelverlegung penibel arbeiten, um potenzielle Scheuerstellen zu vermeiden.
Foto: Redaktion

Unsere Empfehlung

Was also tun? Behalte bei einer Umrüstung von Standard-Batterien auf LiFePO4-Akkus unbedingt die bestehende Ladeinfrastruktur im Auge. Das reine Austauschen der Verbraucherbatterie, ohne Prüfung und gegebenenfalls Anpassung der bestehenden Ladetechnik im Camper, macht keinen Sinn.

Im Gegenteil, es könnte dem teuren LiFePO4-Akku bereits nach kürzester Zeit der Atem ausgehen und der Hersteller kann sich dank seiner Garantiebedingungen aus der Verantwortung ziehen. Batterie-Ladegerät, Lade-Booster und Solarregler müssen eine LiFePO4-spezifische Ladekennlinie besitzen. Nur damit werden die Akkus so geladen, dass sie ihr volles Potenzial und vor allem ihre überlegene Haltbarkeit gegenüber den Standardbatterien ausspielen können.

 

Ladebooster

Wie kommt der Saft in die Dose, sprich der Strom in den Akku? LiFePO4-Akkus können nicht nur höhere Ströme abgeben, sondern auch aufnehmen, wodurch sich die Ladezeit verkürzt. Doch welche Voraussetzungen sind dafür nötig?

Das Szenario ist dem ein oder anderen Leser bekannt: Man steht zwei, drei Tage autark und zieht dann weiter. Kaum gestartet, lädt der nächste Traumspot zum Verweilen ein und man stoppt wieder. Später dann die böse Überraschung – Bier und Butter sind lauwarm, da die Kompressorkühlbox nicht mehr läuft. Der Verbraucher-Akku ist leer und das trotz der kurzen Verbindungsetappe. Die Ladeleistung der Lichtmaschine hat während der Fahrt nicht gereicht, um den Verbraucher-Akku genügend zu laden.

Oder aber die Lichtmaschine hat gar nicht genügend Ladestrom geliefert, da die Starterbatterie, also die relevante Größe für die Fahrzeugelektronik und damit für die Lichtmaschine, gar nicht stark entladen war. Ein probates Hilfsmittel für maximalen Ladestrom, und somit kürzestmögliche Ladezeit der Zweitbatterie, ist ein Ladebooster. Dieser überwacht die Bordbatterie und führt ihr exakt die Strommenge zu, die gebraucht wird. Und das bis zur Vollladung. Dabei ist es dem Booster egal, ob eine oder mehrere Verbraucherbatterien bedient werden müssen.

Ladebooster
Foto: Hersteller

Doch wie macht ein Ladebooster das? Der Booster wird in die Ladeleitung zwischen der Starter- und der Verbraucherbatterie eingebaut. Er erhöht die Ladespannung auf den von der verwendeten Verbraucherbatterie benötigten Wert und lädt diese dann wie ein 230-Volt-Ladegerät. Am Ladebooster kann entsprechend des Batterietyps der Verbraucherbatterie die benötigte Ladekennlinie eingestellt werden. Diese sorgt nicht nur für eine optimale Ladung, sondern auch für eine erheblich längere Lebensdauer des Akkus.

Allerdings muss auch hier wieder auf die verzwickten Details geachtet werden. So gibt es Ladebooster, die mit einer sogenannten IU-Ladekennlinie arbeiten. Bei diesen Modellen ist es vor allem bei längeren Fahrten möglich, dass es zu einer Überladung der Verbraucherbatterie kommt. Besser, aber auch leider etwas teurer, sind Booster, die mit einer IUoU-Kennlinie laden. Diese verhindert ein Überladen der Batterien.

Worauf ist noch zu achten? Ladebooster werden in verschiedenen Stärken angeboten. Der Booster sollte passend zur Batteriekapazität und zum Einsatzzweck des Campers ausgewählt werden. Kleine Vans mit „Spatzen“-Akkus und wenig Verbrauchern benötigen keine 50-A-Booster-„Kanone“. Kastenwagen mit Kompressorkühlschrank und TV sowie großen LiFePO4-Verbraucher-Akkus sollten nicht unbedingt nur mit einem 10-A-Booster geladen werden.

Vor dem Einbau eines Boosters sollten, am besten vom Profi, die Leitungslängen und deren Querschnitt vom Booster zur Verbraucherbatterie betrachtet werden. Eine vom Ladebooster überlastete Leitung oder Bordelektronik kann Schaden nehmen, was nicht nur in der Reparatur teuer werden kann, sondern auch eine reale Brandgefahr mit sich bringen kann.

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