Im Dezember 2021 kündigte der damalige VW-Vorstandsvorsitzende Herbert Diess schon mal einen neue Basis für den VW California an: für 2025 sei ein elektrisch angetriebener Werkscamper auf ID. Buzz angedacht – der ID. California. Dieses Mal ist es der Vorstand von Volkswagen Nutzfahrzeuge, der im Rahmen der Präsentation der Geschäftszahlen einen Nachfolger für den aktuellen VW California auf VW T6.1 ankündigte: der Aufstelldach-Campingbus baut künftig auf der Pkw-Architektur MQB (Modularer Quer-Baukasten), konkret auf den neuen Multivan.
Noch in diesem Jahr soll Premiere gefeiert werden. Die Zeit drängt sogar schon ein wenig, denn die Produktion des VW T6.1 läuft bereits Anfang 2024 aus. Der Nachfolger entsteht in Kooperation mit Ford auf Basis des neuen Ford Transit Custom, der im Rahmen der IAA Nutzfahrzeuge 2023 vorgestellt wurde. VW plant außerdem, digitale Dienstleistungen und Services rund um das Thema Camping in einem „California Universe“ auszubauen und zu bündeln. Wie dieses aussehen soll, ist noch nicht weiter bekannt. Schon heute gibt es etwa die umfassende Smartphone-App California on Tour. Wer einen California der neuesten Generation besitzt, kann mit der App so ziemlich alle Camping-Funktionen steuern, also beispielsweise das Licht löschen, wenn man schon im Schlafsack liegt oder Aufstelldach öffnen und gleichzeitig sicher gehen, dass zum nächsten Ast über dem Fahrzeug ausreichend Platz ist. Mit der App lassen sich – unabhängig vom eigenen Fahrzeug – jedoch auch Routen planen und sogar Stellplätze buchen, darunter viele naturnahe Plätze, für die VW mit Hinterland Camp kooperiert. Einige ganz besondere Plätze sind jedoch VW-Fahrzeugen vorbehalten.
VW Multivan „T7“
Und der „neue“ VW Multivan, auf dem der neue California bauen soll? Taugt die MQB-Basis mit deutlich Pkw-artiger Silhouette überhaupt für einen Campingbus-Ausbau? Immerhin: Anfang 2022 wurde eine Variante mit Diesel nachgeschoben, nach dem bei der eigentlichen Markteinführung 2021 lediglich zwei Benziner und ein Plug-in-Hybrid präsentiert wurden. Alle mit Frontantrieb, der Zwei-Liter-TSI mit satten 204 PS. Damit der TDI den strengen Abgasnormen gerecht wird, besitzt er zwei SCR-Katalysatoren und eine doppelte AdBlue-Einspritzung. Das Ergebnis sollen im Idealfall bis zu 80 Prozent weniger NOx sein.
Der Selbstzünder und das Direktschaltgetriebe sind beinahe die einzigen Überbleibsel vom alten T6.1: Der neue VW Multivan ist eine Neukonstruktion auf Basis des modularen Querbaukastens. Um den cW-Wert zu verbessern und den CO₂-Ausstoß zu verringern, wurde der Bus um fünf Zentimeter niedriger und die komplette Form wurde zum besseren Fußgängerschutz optimiert. Vom gewohnten, leicht Nutzfahrzeug-angehauchten Charme ist nicht mehr viel geblieben, der Multivan ist optisch mehr ein großer Minivan – und dennoch hat er sich auch in unseren Köpfen als VW T7 durchgesetzt.
„Unser“ kurzer, 4,97 Meter lange Multivan hat bis zu sieben Sitzplätze – oder wie der Testwagen anstatt Dreiersitzbank je zwei Einzelsitze pro Reihe. Viel Platz für Gepäck bleibt bei dieser Konstellation nicht. Der Laderaum hat je nach Sitzposition noch rund 40 Zentimeter Tiefe. Alternativ, bei gleichem Radstand, gibt es noch eine lange Version mit 5,17 Metern Länge. Wenn man die Abstände der Einzelsitze nicht ganz so großzügig und komfortabel wählt, sollte der Laderaum aber auch so reichen, man kann das Gepäck ja stapeln.
Ansonsten ist viel VW-Baukasten: Die Bedienung ist zum größten Teil selbsterklärend, ein paar Funktionen muss man sich mühsam aus einem der vielen Untermenüs zusammensuchen. Ganz typisch sind wenig Schalter am Armaturenbrett, dafür ist das Lenkrad recht überladen. Wer nicht ganz aus der analogen Steinzeit aufsteigt, sollte sich aber zurechtfinden. Aber natürlich verdienen die nicht beleuchteten, touchsensiblen Lautstärke- und Temperaturregler Kritik.
Immerhin: Modernste Assistenten haben Einzug gehalten, um den Fahrer zu unterstützen, falls seine Aufmerksamkeit durch die Bedienung der Klimaanlage gemindert ist. Steinzeit gibt es dennoch, wobei Stein noch schön wäre: Trotz des Anspruchs, mehr Pkw als Nutzfahrzeug sein zu wollen, dominiert der Werkstoff Kunststoff im Innenraum. Sicher alles praktisch und strapazierfähig – aber nicht wirklich schön. Genarbtes Plastik, Fingerabdruck-empfindlicher Klavierlack und als Kontrast Teppichboden und Komfortsitze aus Mikrovlies mit Glattlederoptik.
Das Fahrwerk ist ganz komfortabel abgestimmt und von der Arbeitsweise des Vierzylinders ist im Innenraum nichts zu vernehmen. Das Sieben-Gang-DSG arbeitet gewohnt angenehm – die Bedienung am Armaturenbrett geht so. Beim Anfahren tritt der Effekt der auf Sparsamkeit getrimmten Turbos zutage. Besonders im Eco- oder Comfort-Modus vergeht eine gewisse Zeit, bevor die Fuhre so richtig in Schwung kommt. Andererseits: Mit der Traktion beim Anfahren ist es nicht wirklich gut gestellt. Besonders auf feuchtem Asphalt muss das Gas recht vorsichtig bedient werden. 2024 soll aber nicht nur der neue California auf Multivan-Basis folgen, sondern auch ein Allradantrieb für die Hybrid-Version. Bleibt abzuwarten, in welcher Konstellation der California kommen wird.
Infobox
Technische Daten
ANTRIEB:
Motor: 4-Zylinder-Turbodiesel
Hubraum: 1.968 cm3
Leistung: 110 kW (150 PS) bei 3.000/min
max. Drehmoment: 360 Nm bei 1.600/min
Antrieb: Frontantrieb
Getriebe: 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
CO₂-Ausstoß: 167 g/km
KAROSSERIE:
Länge/Breite/Höhe: 4.973/1.941/1.907 mm
Radstand: 3.124 mm
Kofferraum: 469 – 3.672 Liter
Leergewicht: 2.133 kg
zul. Gesamtmasse: 2.850 kg
Zuladung: 717 kg
FAHRLEISTUNGEN:
Höchstgeschwindigkeit: 190 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 11,6 s
Tankinhalt: 68 l; AdBlue: 22 l
Verbrauch (l/100 km): WLTP 6,7 l
Test: 7,6 l (solo)/11,4 l (Gespann)
Reichweite: 895 km/596 km
PREISE:
Basispreis: ab 45.636 Euro (1,5-Liter-TSI)
Diesel: ab 49.325 Euro
Testwagen: keine Angabe
