> Test Knaus Boxlife Pro 540 Road

Kompakter Alleskönner

05.10.2024
Bild & Text: Simon Ribnitzky

540er-Ducato-Kastenwagen stehen im Ruf, gleichermaßen camping- wie alltagstauglich zu sein. Beim Knaus Boxlife pro 540 Road kommt in der „60 Years“-Version noch viel Serienausstattung dazu. Die optimale Kombination?

Was ist das ideale Fahrzeug, um Campingurlaub und Alltagsnutzen zu vereinen? Zugegeben, an dieser Frage scheiden sich die Geister. Manch einem mag ein Fünf-Meter-Campingbus mit Aufstelldach auch für den mehrwöchigen Urlaub genügen. Spätestens wenn der Wunsch nach einem festen Bad und Stehhöhe im Mobil aufkommt, ist aber klar, es muss ein Kastenwagen sein.

Deren Sechs-Meter-Varianten sind aber mitunter schon wieder zu sperrig für manche Parkplätze – insbesondere, wenn es sich um den Fiat Ducato und seine Geschwister mit dem ausladenden 404-Zentimeter-Radstand handelt. Ergo stellt sich der 5,41 Meter kurze Fiat Ducato in vielen Fällen als der wahre Alleskönner heraus: wohnen, schlafen, kochen, duschen – geht alles. Und mit 3,45 Meter Radstand kurvt er fast so behände ums Eck wie ein VW-Bus.

Klassischer Grundriss: Querbett im Heck, Küche an der Schiebetür, gegenüber das Bad und vorn eine Halbdinette mit drehbaren Frontsitzen. Die Raumaufteilung ist Knaus gut gelungen.

Wie gut das alles geht, ist aber insbesondere im 540er ein spannendes Thema. Bei weitem nicht jedem Hersteller gelingt der Spagat, allen Bereichen – Bett, Bad, Küche und Sitzgruppe – ausreichend Raum einzuräumen, ohne dass man sich über Gebühr einschränken muss. Dem Test stellt sich in diesem Fall der Knaus Boxlife pro 540 Road, der bis vor Kurzem noch unter der Modellbezeichnung Boxstar firmierte.

 

Serie: Der „60 Years“ kommt mit Head-up-Display, das Geschwindigkeit und Navigationshinweise anzeigt. Das erweist sich als praktisch, um den Blick nicht zu sehr von der Straße wenden zu müssen.

Der Testwagen rollt als Sondermodell „60 Years“ vor, der auf das jüngste Jubiläum des niederbayerischen Herstellers verweist. Im Fall des Boxlife pro bedeutet das eine trendige graue Lackierung in Kombination mit 16-Zoll-Alufelgen sowie Polstern mit 60-Years-Stickerei.

Und es bedeutet eine sehr gute Serienausstattung: Fahrerhausklimaanlage, Lederlenkrad, Radio-Navi, Rückfahrkamera, Head-up-Display, Markise sowie ein isolierter Abwassertank sind beispielsweise stets an Bord – zum Grundpreis von 66.279 Euro ist dieser Kastenwagen quasi reisefertig.

Den Testwagen verteuern Extras wie Fahrassistenzpaket mit Abstandstempomat, Solarmodul, Anhängerkupplung, Diesel- statt Gasheizung und ein paar Kleinigkeiten auf rund 74.000 Euro.

Zum Praxistest geht es für ein langes Wochenende an die Küste Liguriens in Italien. Die rund 1.500 Kilometer hin und zurück über die Alpen von Süddeutschland absolviert der Boxlife pro mit 8,5 Liter Diesel je 100 Kilometer im Schnitt – ein guter Wert. Der Komfort unterwegs überzeugt: Der Motor arbeitet gut gedämmt und auch das Mobiliar bleibt angenehm leise.

Typisch italienisch: Auf dem Campingplatz in Levanto stehen die Mobile recht eng. Gut, dass der Boxlife pro so kompakt ist. So reicht der Platz vor dem Fahrzeug fürs Abendessen im Freien.

Wollen im Alltag doch einmal mehr als zwei Personen mitfahren, empfiehlt es sich, den sich an der Seitenwand abstützenden Tisch (ohne festes Tischbein) abzunehmen. Zudem lässt sich die Sitzbank mit einem Handgriff um zehn Zentimeter auseinanderziehen. So haben zwei Mitreisende genug Schulter- und Beinfreiheit. Da die Lehne zudem nicht zu steil ist und die Sitzfläche mit 51 Zentimeter recht lang ausfällt, stimmt auch der Sitzkomfort.

Tisch ohne festes Tischbein, das erleichtert das Durchrutschen auf die Bank. Der Ausbau ohne Schrank über dem Fahrerhaus schafft Kopffreiheit.

Auf dem Campingplatz angekommen, ist Zeit, den Innenraum genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Einrichtung mit hellem Holzdekor und mattweißen Schrankklappen wirkt einladend und weder auf Krampf modern noch klassisch-konservativ. Aus Sicht des Testredakteurs gelungen.

Gefällt: Lese-Spot für Fahrer- und Beifahrersitz.
Praktisch: die ausziehbare Verlängerung für den Tisch.

Bleiben wir zunächst an der Sitzgruppe. Der Tisch fällt mit 42 Zentimetern recht breit aus für einen 540er-Ducato. Er lässt sich so platzieren, dass man sowohl auf der Sitzbank als auch auf dem gedrehten Fahrersitz vernünftig sitzen kann. Allerdings beträgt der Abstand zwischen Sitzbank und Fahrersitz maximal gerade mal 26 Zentimeter – hier kommt man sich schnell mit den Füßen ins Gehege.

Die übliche Zweier-Crew kann aber versetzt sitzen und so recht kommod die Sitzgruppe nutzen. Wegen des wie erwähnt fehlenden Tischbeins sollte man sich nicht zu stark auf der Platte abstützen – dafür gelingt das Durchrutschen auf der Bank kinderleicht.

Der Testwagen kam mit der Option auf den sogenannten Easy-Space-Ausbau, das heisst ohne Dachstauschrank über dem Fahrerhaus. Hier fehlt dann zwar der Stauraum, doch die größere Kopffreiheit über den Vordersitzen ist im kompakten 540er ein echter Gewinn fürs Raumgefühl. Die seitlichen Oberschränke verlängert Knaus elegant bis übers Fahrerhaus. Als weitere Option gäbe es hier noch ein Fenster in der Dachhutze.

Positiv: die ausziehbare Sitzbank für mehr Schulterfreiheit für Mitfahrer.

Trotz des fehlenden Dachschranks über dem Fahrerhaus geht das Stauraumangebot im Boxlife pro 540 voll in Ordnung. Über dem Heckbett nehmen rechts und links je zwei recht große Oberschränke Klamotten auf. Ein schmaler Kleiderschrank zwischen Bett und Küche erlaubt es, Hemden, Kleider oder Jacken hängend zu transportieren. Für den schnellen Zugriff montiert Knaus zudem vier praktische Haken an der Badwand. An der Küche nehmen neben dem Oberschrank auch drei stabile Schubladen im Unterschrank Ausrüstung und Vorräte auf.

Für Sperriges bleibt noch der Stauraum unter dem Heckbett, der immerhin 102 Zentimeter breit und mindestens 67 Zentimeter hoch ist. Die Lattenroste zwischen den seitlichen Podesten lassen sich herausnehmen, dann reicht der Stauraum bis zur Decke. Einfach hochklappen und arretieren lassen sich die Roste nicht – hier könnte Knaus noch nachlegen.

Bildergalerie

Die Küche

An der Küche fällt auf, dass Knaus den Kompressorkühlschrank nicht wie inzwischen häufig üblich in der Stirnseite des Möbels verbaut. Im Boxlife pro öffnet die beidseitig angeschlagene Kühlschranktür in den Mittelgang. Im Test erwies sich das trotzdem als praktisch und unkompliziert. An der Stirnseite bleibt so Platz für ein Klappbrett. Es fällt mit 22 Zentimetern aber recht schmal aus und setzt zudem neun Zentimeter tiefer an als die Küchenplatte. Dafür bleibt der Durchgang zur Schiebetür hinaus noch passierbar. Als Ablage- und Arbeitsfläche in ergonomischer Höhe bietet sich noch die Fläche von 20 mal 46 Zentimeter auf dem erhöhten Kleiderschrank zum Bett hin an.

Auffällig und sinnvoll ist weiterhin die 16 Zentimeter tiefe Spüle. Auf dem Zweiflammkocher mit elektrischer Zündung passen zwei mittelgroße Töpfe. Knaus-Kennzeichen: Der Hersteller installiert an der Küche und im Bad je einen Seifenspender – wer’s braucht.

Der Mittelgang misst an der engsten Stelle zwischen Küche und Sitzbank 48 Zentimeter – im kompakten Kastenwagen ein guter Wert. Zwischen Kleiderschrank und Bad sind es sogar 54 Zentimeter. Mit dem erwähnten Sitzbank-Auszug verschmälert sich der Durchgang auf 38 Zentimeter.

Bad mit Trick: Der Spiegel lässt sich verschieben und gibt so entweder das Seitenfenster oder die Staufächer für Kosmetika etc. frei.
Die Duschwanne bietet zwei Abläufe, so kann Wasser auch bei leicht schräg stehendem Mobil gut abfließen. Den Duschvorhang hält ein mittig eingenähter Luftschlauch auf Abstand zum Körper.

Bad im Knaus Boxlife pro 540 Road

Dem Bad räumt Knaus eine Grundfläche von 79 mal 74 Zentimeter ein. Das reicht, um vernünftig auf der Toilette zu sitzen. Ohne das Einlagebrett beträgt die Stehhöhe im Bad 190 Zentimeter – für einen Ducato sehr gut. Der Spiegel lässt sich verschieben und gibt so ein Seitenfenster frei – oder verdeckt dieses.

Zum Duschen ist ein Vorhang nötig, der im doch recht engen Bad gern mal am Körper klebt. Hier hat Knaus aber eine durchaus clevere Lösung gefunden. In Hüfthöhe ist im Vorhang ein Luftschlauch eingearbeitet, der den Vorhang bestmöglich vom Körper fernhält.

Das Doppelbett im Heck erreicht gute 194 mal 140/125 Zentimeter. Die Matratze erwies sich als recht hart. Gut: viel Stauraum in Oberschränken, trotzdem genug Kopffreiheit beim Liegen.

Schlafen im Boxlife pro 54o Road

Bleibt noch das Schlafabteil im Heck. Das Querbett erreicht von Wand zu Wand eine gute Länge von 1,94 Meter. Die Seitenwände sind mit Stoff verkleidet. Da Knaus auf Seitenfenster verzichtet, können sich Großgewachsene von Wand zu Wand ausstrecken, ohne dass Fensterrahmen die nutzbare Länge einschränken oder man unbeabsichtigt in ein Rollo tritt. Fenster gibt es dafür in den Hecktüren, zudem eine Dachhaube.

Die Matratze erwies sich im Test als relativ hart, das muss man mögen. Prima hingegen, dass über der Matratze 57 Zentimeter Luft bis zum Oberschrank bleiben – hier fühlt man sich nicht eingeengt.

Aufpassen: Knaus verbaut nach wie vor scharfkantige Kunststoff-Gegenhalter in den Oberschränken. Schwenkbare Leselampen mit USB-Steckdosen im Sockel fallen dafür positiv auf.

Die Oberschrank-Klappen öffnen an soliden Scharnieren. Weniger schön: Knaus verwendet nach wie vor scharfkantige Kunststoff-Gegenhalter.
Wenig und komfortabel: Der Boxlife Pro 540 kann beides.

Fazit zum Knaus Boxlife pro 540 Road

Der Knaus Boxlife pro 540 Road bietet fein austarierte Raumverhältnisse. Dem Hersteller ist es gelungen, weder Bett, Küche, Bad noch Sitzgruppe über Gebühr einzuschränken. In Verbindung mit den bekannt handlichen Fahreigenschaften eines 540er-Ducatos stellt das ein optimales Paket für zwei Camper dar, die gern viel fahren und trotzdem alles dabeihaben wollen. Als „60 Years“ ist die Ausstattung gut, es gibt in diesem Segment aber günstigere Angebote. Mehr Infos: www.knaus.com

Infobox

  • Basisfahrzeug: Fiat Ducato Light, Vierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 2.184 cm3, Leistung 103 kW (140 PS) bei 3.500/min, max. Drehmoment 350 Nm bei 1.400-2.500/min, Sechsgang-Handschaltgetriebe, Vorderradantrieb, Euro 6d.
  • Maße und Massen: (L x B x H) 541 x 205 x 258 cm; Radstand 345 cm; Masse fahrbereit 2.720 kg (Herstellerangabe); zul. Gesamtmasse 3.500 kg
  • Aufbau und Ausbau: Selbsttragende Stahlblechkarosserie (L2H2), Einzelradaufhängung mit McPherson-Federbeinen vorn, Starrachse an Längsblattfedern hinten; Stehhöhe 190 cm (Bad 190 cm); Geräusch- und wärmedämmende Isolierung an Dach, Wänden und Boden; Bodenplatte 25 mm stark; Editionsmodell serienmäßig mit Rahmenfenstern; Sperrholz Möbelbau (Vollkorpus-Bauweise mit Dübeltechnik) mit Soft-Close und soliden Scharnieren.
  • Bett: Heck-Querbett 194 x 125-140 cm
  • Füllmengen: Frisch-/Abwasser 102/90 l; Kühlschrank Dometic 70 l Kompressor; Gas 2 x 11 kg; Diesel 75 l; AdBlue 19 l
  • Serienausstattung: (Auszug)Fahrer- u. Beifahrerairbag, ABS, ESP, elektr. Fensterheber u. Außenspielgel, Klimaanlage Fahrerhaus, Tempomat, Lederlenkrad, Radio-Navi mit Rückfahrkamera, Head-up-Display, Lackierung Campovolo Grau, 16-Zoll-Leichtmetallfelgen, Sitzbezüge mit 60-Years-Stickerei, Abwassertank isoliert und beheizt, Standheizung Truma Combi 4, Markise.
  • Sonderausstattung: (Auszug) Easy Space Ausbau 676 €, Standheizung Truma
    Combi 6 D 1.180 €, Solaranlage 100 Wp 1.180 €, AHK 1.281 €.
  • Testverbrauch: 8,9 l/100 km
  • Grundpreis: 66.279 €
    Testwagen: 74.068 €
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