Die Straße verläuft schnurgerade bis zum Horizont. Schier endlos erstrecken sich Felder aus schwarzem Lavasand rechts und links der Piste. In der Ferne erheben sich mächtige, schneebedeckte Berggipfel. Wenig später rollt der Campervan durch eine mattgrüne Mooslandschaft. Nach ein paar Minuten ändert sich die Szenerie erneut, nun breitet sich braune Steppe vor der Windschutzscheibe aus, rechterhand stürzen Wasserfälle von meterhohen Felswänden.
Die Schilderung zeigt: Islands Landschaften sind vielfältig – und zumindest zum Reisezeitpunkt Ende April auch anders, als es sich manch Mitteleuropäer vorstellt. Weniger sattgrün vielleicht, aber dennoch sehr beeindruckend. Diese Landschaften mit dem Camper zu bereisen, dieses Traumziel haben derzeit viele auf ihrer Liste. Tatsächlich nach Island zu reisen, erfordert aber einigen Aufwand.
Das gilt besonders, wenn man mit dem eigenen Fahrzeug reisen möchte. Von Hirthals im Norden Dänemarks braucht die Fähre fast drei volle Tage. Günstig ist die Überfahrt auch nicht gerade. Eine gute, wenn auch ebenso nicht unbedingt preiswerte Alternative, stellt daher ein Mietcamper vor Ort dar. Tatsächlich haben sich zahlreiche Anbieter auf den Camper-Ansturm vorbereitet und halten ein entsprechendes Angebot bereit. Mit dem Ergebnis, dass es in den Sommermonaten schon mal voll werden kann auf der riesigen, dünn besiedelten Insel – zumindest auf den Campingplätzen.
Unterwegs mit dem Carado CV 590 4x4
Wir nutzen daher die Vorsaison für unsere erste Island-Erfahrung. Und wir nutzen ein spannendes Fahrzeug: einen Carado CV 590 4×4, ein sechs Meter langer Ford-Transit-Kastenwagen mit Allradantrieb – schließlich ist bei Weitem nicht jede Straße auf Island asphaltiert. Ein gutes Dutzend der 4×4-Carados steht ab der Hauptstadt Reykjavik bei Holdur/Europcar zur Miete bereit. Kleiner Wehrmutstropfen: Im Sommer werden pro Tag rund 400 Euro Miete fällig – eine Luxussteuer macht die Einfuhr nach Island für den Vermieter teuer.
Auf der Busfahrt vom Flughafen in die Stadt versorgt uns der Busfahrer mit ersten spannenden Fakten zu unserem Reiseziel. Wusstest du, dass Island keine eigene Armee hat, aber trotzdem Mitglied der Nato ist? Oder dass es auf der Insel drei große Aluminiumwerke gibt, obwohl der Bauxit dafür aus Australien per Schiff importiert wird? Günstige Energie in Form von Erdwärme macht das trotzdem rentabel.
Auf dem Weg nach Reykjavik passierten wir zudem den Abzweig zum Städtchen Grindlavik, jüngst immer wieder in den Schlagzeilen wegen des aktiven Vulkans ganz in der Nähe. Die Gefahr ist so groß, dass die Bewohner derzeit nur eingeschränkt Zugang zu ihrer Stadt haben. Rund 4.000 Menschen müssen wohl über kurz oder lang nach einer neuen Bleibe suchen – klingt nicht nach viel, macht aber rund ein Prozent der Bevölkerung Islands aus. Die Regierung hat angeboten, die Häuser in Grindlavik für 90 Prozent des Marktwertes zu kaufen, damit die Bewohner anderswo neu anfangen können – eine bemerkenswerte Politik.
Wir übernehmen unseren Campervan und lassen Grindlavik und auch die Hauptstadt Reykjavik zunächst hinter uns. Viele Touristen befahren zunächst den sogenannten Golden Circle, rund 300 Kilometer lang, auf der es fast alle isländischen Natur-Highlights zu bestaunen gibt. Wir indes ziehen eine Tour an der Südküste vor.
Das direkte Umland von Reykjavik mutet zunächst noch wenig spektakulär an. Man muss sich schon für ein paar Kilometer hinters Steuer setzen, bis die große Show der isländischen Natur beginnt. Doch sobald die ersten mit Moos bewachsenen Lavastein-Felder auftauchen, ist man mittendrin und der Genuss beginnt. Immer wieder laden Parkplätzen entlang der Straße ein, kurz zu stoppen und die Aussicht zu genießen. Wir fahren auf der Straße Nummer 1, der Ringstraße, die einmal komplett um die Insel führt – bei einer kompletten Umrundung kommen fast 1.500 Kilometer zusammen.
Durch die Landschaften Islands
Wir machen zunächst etwas Strecke und stoppen nach rund 150 Kilometern am Skógafoss, ein wahrhaft imposanter Wasserfall. Auf einer Breite von rund 25 Metern stürzen die Wassermassen hier rund 60 Meter in die Tiefe. Vom Parkplatz sind es nur wenige Schritte bis zum Wasserfall, an den man bis auf ein paar Meter herangehen kann. Gischt spritzt, die Luft glänzt vor Feuchtigkeit und es bilden sich immer wieder Regenbogen – ein beeindruckendes Schauspiel.
Etwas anstrengender, doch nicht minder lohnend, ist es, auf Stufen die 60 Höhenmeter seitlich des Wasserfalls zu erklimmen und sich das Schauspiel von oben anzuschauen. Wer mag, läuft noch ein Stück den Treckingpfad den Fluss entlang. Wir entscheiden uns nach einem ausgiebigen Fotostopp für die Weiterfahrt.
Nur rund 25 Kilometer die Küste entlang Richtung Osten sind es bis nach Dyrhólaey, einem weiteren Postkartenmotiv – von Fotos bekannt und dennoch ein Erlebnis, es mit eigenen Augen zu betrachten. Der Parkplatz unweit der Steilküste ist nach ein paar Serpentinen erreicht. Größere Mobile finden hier nicht gut Platz, aber mit unserem wendigen Sechs-Meter-Campervan ist weder die Anfahrt noch das Parken ein Problem.
Unmittelbar vorm Parkplatz breitet sich ein spektakuläres Panorama aus: endloser, schwarzer Sandstrand, blaues Meer und braune, zerfurchte Berge – die Weite der Landschaft hat etwas Magisches. Wer denkt, spektakulärer könne es nicht mehr werden, der irrt. Ein paar Hundert Meter auf dem Küstenweg am Leuchtturm vorbei und es öffnet sich der Blick auf ein gigantisches Felsentor im Meer. Man möchte gar nicht mehr umdrehen. Mit Glück lassen sich hier Papageitaucher beobachten. Bei unserem Besuch waren die Vögel leider noch nicht aus ihrem Winterquartier im Süden zurück auf der Insel.
Wir fahren weiter und erreichen das Städtchen Vik. Unweit davon liegt am einmal mehr schwarzen Lavastrand die Höhle „Hjörleifshöfði“. Die Tradition des Ortes reicht zurück bis zu den Wikingern, die hier einst angelandet sein sollen. Spannende Geschichten dazu weiß der Ranger des Wikinger-Parks zu erzählen. Mit seiner Erlaubnis ist es uns zudem möglich, ein Stück weit den schwarzen Strand mit dem Campervan zu befahren. Das macht Laune und wir sind zum ersten Mal wirklich froh, einen Van mit Allradantrieb gemietet zu haben.
Die Nacht verbringen wir auf einem Campingplatz nahe des Örtchens Kirkjubæjarklaustur. Gut, dass es Google Maps gibt (und die mobilen Daten des heimischen Mobilfunkvertrags auch auf Island ohne Mehrkosten nutzbar sind) – an den isländischen Ortsnamen kann man als Tourist schnell verzweifeln. Der Campingplatz liegt ruhig, wenn auch nach den Erlebnissen des Tages weniger spektakulär als vielleicht erwartet. Freistehen ist auf Island übrigens nicht erlaubt, das Netz an Campingplätzen gilt aber als dicht – ein Übernachtungsplatz ist also stets in Reichweite.
Am nächsten Tag fahren wir weitere 125 Kilometer auf der Ringstraße nach Osten und erreichen das nächste Naturjuwel Islands: den See Jökulsárlón, eine Gletscherlagune und mit 284 Metern der tiefste See Islands. Auf dem Wasser treiben Eisberge, die sich von der nahen Gletscherzunge ablösen. Diese gehört zum größten Gletscher Europas – wenn man Grönland nicht dazurechnet, wie der Guide verrät.
Er führt uns zu einer Tour auf die Gletscherzunge. Hier haben sich Eishöhlen gebildet, in die wir hinabsteigen können. Meterdickes Eis rundum, in faszinierenden Blautönen schimmernd – der Ausflug lohnt unbedingt, auch wenn er die Urlaubskasse mit einem dreistelligen Betrag je Person belastet. Wo sich die Gletscherlagune ihren Weg ins Meer bahnt, liegt der Diamond Beach. Seinen Namen hat der von den Eisbrocken, die auf dem schwarzen Strand liegen und wie Diamanten in der Sonne funkeln.
Nachdem wir diese Szenerie ausgiebig bewundert haben treten wir den Rückweg an, tingeln die Ringstraße zurück Richtung Reykjavik und durchfahren erneut die zahlreichen Landschaften Islands – schwarze Lavawüste, mattgrüne Moosfelder, weite Steppe. Trotz zahlreicher Kilometer vergeht die Fahrt wie im Flug.
Nach so viel Natur und Weite kommt einem selbst das eigentlich beschauliche Reykjavik wie eine Großstadt vor. Das Zentrum rund um die Regenbogen-Straße hält zahlreiche nette Cafés, Restaurants und Läden bereit. Kleine Häuser mit bunten Wellblech-Fassaden setzen spannende Gegensätze zu modernen Glasbauten wie der Konzerthalle an der Uferpromenade.
Wäre noch Zeit, würde sich noch ein Besuch im nahen Elfendorf Hafnarfjörður anbieten. Der Elfenglauben ist in Island weit verbreitet. Im Zentrum des Dorf fallen zahlreiche Lavahügel auf, um die die Häuser des Dorfes sorgsam herumgebaut wurden. In den Lavahügeln sollen die Elfen wohnen, deren Behausungen gilt es zu schützen. Unsere Zeit reicht dafür nicht – doch ist das schon ein Grund, den nächsten Island-Trip zu planen.
Infobox
Infos Island
Island ist ein Inselstaat im Nordwesten Europas. Mit einer Fläche von rund 103.000 Quadratkilometern ist Island nach dem Vereinigten Königreich der zweigrößte Inselstaat Europas. Die Hauptinsel ist die größte Vulkaninsel der Erde und befindet sich knapp südlich des nördlichen Polarkreises. Auf Island leben rund 400.000 Menschen, etwa 60 Prozent davon in der Region der Hauptstadt Reykjavik. Dem gegenüber stehen rund zwei Millionen Touristen pro Jahr.
Beliebt ist das Reiseziel Island besonders wegen seiner spektakulären Natur: Strände aus schwarzem Lavasand, Wasserfälle, Geysire und Gletscher ziehen Besucher in ihren Bann. Kein Wunder, dass hier zahlreiche Mythen und Sagen wie etwa der Elfenglauben lebendig sind.
Informationen: www.visiticeland.com
Anreise: Wer mit dem eigenen Camper anreist, nimmt die Fähre ab Hirthals in Norddänemark. Die Reisedauer beträgt zwei bis drei Tage, das Schiff legt auch auf den Faröer-Inseln an. Alternativ fliegen und mit einem Mietcamper die Insel erkunden. Es gibt zahlreiche Anbieter (McRent, Indiecampers u. a.). Wir waren mit einem Carado CV 590 4×4 unterwegs, den Holdur vermietet. Im Juli kostet er rund 400 Euro pro Tag.
Info: www.holdur.is /holdur@holdur.is
Sehenswert an der Südküste:
- Wasserfall Skógafoss, 861, Island
- Halbinsel Dyrhólaey, 871, Island
- Höhle Hjörleifshöfði, 871, Island
- Gletschersee Jökulsárlón, 781, Island
Camping auf Island
Wildcamping ist auf Island nicht erlaubt. Es gibt ein dichtes Netz an Campingplätzen, sodass stets ein Quartier für die Nacht in Reichweite ist. Häufig liegen die Plätze idyllisch mitten in der Natur. Die Preise liegen meist bei 1.500 bis 2.500 isländische Kronen (10 bis 18 Euro) pro Person und Nacht. Die meisten Campingplätze sind nur während der Sommermonate von Mai bis September geöffnet. In den beliebten Regionen kann es in der Hochsaison voll werden.