Warum der VW Bulli bei seinen Fans Bulli heißt, das vermag weder VW noch sonst irgendwer zweifelsfrei zu sagen. War es die bullige Front mit katastrophalem cW-Wert der ersten Prototypen? Oder doch ein Wortspiel aus Bus und Lieferwagen? Egal. Auch wenn VW den Namen offiziell erst seit 2007 nutzt, nachdem die Kässbohrer Geländefahrzeug AG ihn anlässlich des 60. Bulli-Jubiläums an den Wolfsburger Autobauer verkaufte (Kässbohrer Pistenbully), kennen bereits Generationen von Familien, Campern, Sportlern, Hippies, Handwerkern und Geschäftsleuten ihren VW-Bus unter einem Namen: Bulli.
Die Anfänge des VW Bullis: Vom Notizblock zur Serienproduktion
Die Geschichte beginnt im Werk in Wolfsburg. Der niederländische VW-Importeur Ben Pon erblickte dort einen aus VW-Käfer-Fahrgestellen gebauten Lastkarren und wenig später stand der Entwurf eines Fontlenkers in seinem Notizblock, zusammen mit der Notiz: 750 kg. 1950 begann die Serienfertigung des VW Typ 2, einem Transporter nach bis dato nie dagewesenem Frontlenker-Konzept und mit 750 Kilogramm Nutzlast. Anfangs ohne hintere Stoßstange und richtiges Armaturenbrett (Ausnahme: VW Samba mit Oberlichtern, Faltdach und 21 Fenstern), mit Winkern statt Blinkern und gerade mal 25 PS erfuhr der erste Bulli bis 1967 viele Verbesserungen, erstarkte auf bis zu 44 PS, erhielt 1963 eine breitere Heckklappe und auf Wunsch eine Schiebetür. Letzte Verbesserung: das Zwölf-Volt-Bordnetz.
Westfalia und die Geburt des Campingbusses
Eng mit dem VW Bulli verbunden ist Westfalia. Der Ausbauer lieferte bereits ab 1950 seine legendäre Camping-Box mit Campingtisch, Schrank überm Motorraum und Hängeregalen für die seitlichen Klapptüren. Die Camping-Box machte den T1 zum Womo auf Zeit. Erst ab 1961 gab es den echten, permanenten Campingbus – auf Wunsch mit Aufstelldach und Chemie-Toilette.
Der T2: Mehr Sicherheit
1967 kam der 20 Zentimeter längere VW T2. Im Heck knatterte auch hier stets ein luftgekühlter Vierzylinder-Otto-Boxermotor mit anfangs 47, später bis zu 70 PS. Die Kühlluft gelangte durch die charakteristischen seitlichen Lufteinlässe am Heck zum Motor. Das Facelift vom T2a zum T2b brachte dem Bulli umfangreiche Verbesserungen hinsichtlich der Sicherheit (unter anderem Längsträger vorn mit energieabsorbierenden Y-Endstücken, Sicherheits-Lenksäule, Scheibenbremsen vorn und damit verbunden eine breitere Spur) und nahm so schon das auf Sicherheit ausgelegte Konzept des Nachfolgers vorweg.
Der T3: Der letzte mit Heckmotor
Der deutlich kantigere T3 rollte ab 1979, zunächst noch mit den luftgekühlten Benzin-Boxern, zum Kunden. 1981 baute VW den ersten wassergekühlten Vierzylinder-Reihen-Dieselmotor ein, im Jahr darauf lösten die neuen Benzin-Wasserboxer ihre luftgekühlten Vorgänger ab. Erstmals ist ab 1984 eine Allrad-Variante im Angebot – der Syncro.
Der T4: Der radikale Umbruch
Das Ende des T3 leitet bei VW in Deutschland das Ende der Heckmotor-Ära ein. Der T4 macht alles anders, vieles besser. Er bietet deutlich mehr Raum und – dank Frontantrieb – einen durchgehend ebenen, niedrigen Laderaumboden – allerdings entfällt der Niedlichkeitsfaktor. Westfalias angepasstes Raumkonzept heißt fortan VW California – der Name Westfalia taucht jedoch nicht mehr auf. VW hat die Vermarktung nun komplett übernommen.
Der T5: Modernisierung mit Schwachstellen
Waren Technik und Haptik im T4 noch recht robust, ziehen nun immer mehr elektronische Helferlein ein. Der California etwa kann mit elektrohydraulischem Aufstelldach geordert werden. Der T5 schickt den T4 nach stolzen 13 Jahren Bauzeit in Rente und behält, obwohl komplett neu konstruiert, dessen Konzept mit Frontantrieb, quer verbautem Frontmotor und durchgehendem Laderaumboden bei. Erstmals entsteht der über Volkswagen vermarktete California nicht mehr bei Westfalia, sondern in Eigenregie. Vor allem wegen der Biturbomotoren ist der Ruf der Baureihe heute nicht ganz unbefleckt.
Der T6: Feinschliff des T5
Ab dem T5, der 2003 auf den Markt kommt, nimmt VW auch den Ausbau komplett selbst in die Hand. Daran hat sich bis 2024, als der letzte VW T6.1 vom Band lief, nichts geändert – es handelte sich schließlich auch mehr um einen modellgepflegten T5. Neue Motoren, Sicherheits- und Abgasreinigungssysteme hielten den Bulli über lange Jahre auf der Höhe der Zeit. Warum auch neu erfinden, was endlich ausgereift ist?
Der T7? Den einen Bulli gibt es nicht mehr
Doch von der Vorreiterrolle, die der Ur-Bulli einst inne hatte, kann heute nicht mehr die Rede sein. Und damit wird es nun ein wenig komplizierter. Den einen VW Bulli, der alles können soll, gibt es nicht mehr. VW fährt künftig dreigleisig.
VW Bulli Nr. 1: Multivan und California
Flottenverbrauchs- und Cybersecurity-Vorgaben zwingen VW 2021 zur Konstruktion eines neuen Multivan – denn der unterliegt aufgrund seiner Zulassung als Pkw anderen Regularien. Erstmals basieren die Antriebs- und Elektroniksysteme eines VW Bullis auf den Komponenten des Modularen Querbaukastens (MQB), an dem sich etwa auch der Golf bedient.
Auf dem Caravan Salon 2023 ließ VW dann die große Bombe platzen: Der nächste Cali kommt ausschließlich auf der neuen Multivan-Basis. Grund ist laut Hersteller das Kunden-Feedback, denn der California sei in erster Linie ein Alltagsfahrzeug. Für den New California (hier geht’s zum CamperVans-Test) bedeutet der Abschied vom „T“ erstmals seit Start der Baureihe in 1988 signifikante Grundriss-Änderungen, denn das neue Basisfahrzeug kommt stets mit zwei Schiebetüren.
Die Designer kürzen den Küchenblock, wodurch ein gut 50 Zentimeter breiter Durchstieg entsteht – die Küche ist künftig auch von außen nutzbar, etwa der Kühlschrank deutlich einfacher zu erreichen. Sitz- und Schlafkomfort profitieren künftig von den deutlich leichteren Multivan-Einzelsitzen und einem klappbaren Bettmodul. Und der Cali wird smart: Das Bedienkonzept sieht ein zentrales Touchpanel sowie eine erweiterte App vor.
VW Bulli Nr. 2: Der ID. Buzz
Nach einer gefühlten Ewigkeit und vielen Teasern war es am 09. März 2022 endlich so weit: VW präsentierte die elektrische Wiedergeburt des legendären VW T1, den ID. Buzz. Er übernimmt die Designphilosophie der Volkswagen-Stromer, und schafft dennoch den Spagat zum Kult-Transporter: Langer Radstand, kurze Überhänge, geschlossene Frontmaske – hier erleichterte der Elektroantrieb den Designern die Arbeit.
Und obwohl sich die ID. Buzz-Familie seit 2022 deutlich vergrößert und weiterentwickelt hat, zum Beispiel um einen GTX und LWB: Die volle Kompetenz in allen Einsatzbereichen – etwa dem rauen Arbeitsalltag als Transpoter – trauen die VW-Verantwortlichen dem Stromer heute noch nicht zu.
VW Bulli Nr. 3: Transporter und Caravelle
Also stellt Volkswagen Nutzfahrzeuge dem Elektro-Bus und dem Multivan mit Pkw-Charakter noch echte Nutzfahrzeuge zur Seite. Transpoter und Caravelle wurden komplett neu entwickelt – allerdings in Kooperation mit Ford, um Synergieeffekte zu nutzen und letztlich Geld zu sparen. Die Fahrzeuge laufen künftig in der Türkei vom Band.
VWN verspricht, dass der Transporter dennoch in allen Bereichen verbessert wurde: Die neue Generation bietet ein Plus an Raum, eine bessere Variabilität, eine höhere Zuladung und damit eine größere Wirtschaftlichkeit – Gründe, warum die große Mehrheit künftiger Campingbusse auf dem New Transporter basieren wird. Hier geht’s zum CamperVans-Fahrbericht.
Zum Jubiläum betont VW, dass Transporter und Caravelle zusammen mit dem Multivan und California sowie ID. Buzz und ID. Buzz Cargo das größte Bulli-Spektrum aller Zeiten abbilden, ohne die Qualitäten des Originals einzubüßen. Die Wandlungsfähigkeit sei größer denn je, der VW Bulli bleibe ein ikonisches Multitool für den Job, die Familie, die Freizeit und das Abenteuer.