Mit dem Serienstart des New Transporter und der New Caravelle schließt Volkswagen Nutzfahrzeuge die Transformation der ikonischen Bulli-Baureihe ab. Aus ehemals einem Fahrzeug für sämtliche Einsatzzwecke sind drei Modelle geworden: der vollelektische ID. Buzz, der Multivan auf Pkw-Basis und der nun vorgestellte (Personen-)Transporter. VW verspricht für jeden Nutzen das ideale Modell – auch wenn das bedeutet, dass der Transporter nach exakt 75 Baujahren nicht mehr aus eigener Entwicklung stammt.
Warum mit Ford?
Denn die Entwicklung moderner Autos verschlingt gigantische Mengen Geld. Aber ein Elektroauto ist nun mal deutlich besser, wenn es rund um den Elektroantrieb konzipiert wird – mit langem Radstand, kurzen Überhängen oder ohne Kardantunnel. Und ein Großraum-Pkw sollte in Sachen Fahrkomfort und Fahrsicherheit möglichst nah am Pkw-Standard sein – was wiederum schwer vereinbar ist mit der hohen Wirtschaftlichkeit, die einen guten Transporter auszeichnet. Also hat sich VW mit Ford zusammengetan, um durch die Entwicklung gemeinsamer Plattformen Synergieeffekte zu nutzen und letztlich Geld zu sparen. Diese Praxis – genannt Badge Engineering – ist wahrlich nicht neu, gerade im Volumensegment der Campervans. Auch VW und Ford haben bereits kooperiert, und so in den 1990ern zum Beispiel das Segment der Familienvans (Sharan/Galaxy) erschlossen.
Nicht falsch verstehen: Auch ich war einigermaßen entsetzt über die Entscheidung, dass ausgerechnet die Entwicklung des geschichtsträchtigen Transporters an Ford ging und nicht etwa die des Caddys. Für die VW-Verantwortlichen stellt das hingegen kein Problem dar. Sie argumentieren mit einem deutlichen Raumgewinn und höheren Zuladungen, einer verbesserten Variabilität und einer optimierten Effizienz gegenüber dem T6.1. Fuhrparkmanager, die ihre Flottenfahrzeuge in großen Stückzahlen bestellen, dürften ähnlich denken. Kaum einem Industrieunternehmen wird es um die Bulli-Geschichte gehen. Doch wo bleibt da der Camper?
VW selbst schätzt den California-Kunden als Gelegenheitscamper ein, der dafür kein zweites Fahrzeug anschaffen möchte und sich deshalb einen möglichst alltagstauglichen Campingbus wünscht. Ein California auf Pkw-Basis war für den Hersteller also die logische Konsequenz. Wer hingegen auch mal längere Zeit an einem Ort urlauben möchte, im Extremfall sogar zu viert, der wird in Zukunft wohl eher bei einem der zahlreichen Ausbau-Hersteller fündig. Denn: Die große Mehrheit wird den größeren New Transporter als Basis wählen.
Die Eckdaten
Mit kurzem Radstand ist der neue Transporter 5,05 Meter lang (T6.1: 4,90 Meter). Der Radstand selbst vergrößerte sich parallel um 97 Millimeter auf 3,10 Meter – bei gleichbleibendem Wendekreis (11,9 Meter). Dadurch wächst die Lade- respektive Wohnraumlänge um 61 Millimeter auf 2,60 Meter. Auch in der Breite wächst der neue Transporter (um 128 Millimeter). Mit Normaldach bleibt er knapp unter der Zwei-Meter-Marke (1,98 Meter). Der optionale lange Radstand misst nun 3,50 Meter und in der Gesamtlänge 5,45 Meter, mit optionalem Hochdach (Stahlblech) beträgt die Gesamthöhe knapp unter 2,50 Meter.
Bis zu 1,33 Tonnen beträgt nun die maximale Zuladung – 0,13 Tonnen mehr als beim T6.1. Die Anhängelast wächst um 0,3 Tonnen auf bis zu 2,8 Tonnen für den Transporter mit der Verbrenner-Topmotorisierung und dem Achtgang-Automatikgetriebe – der optionale Allrad ist möglich, aber nicht nötig.
Obwohl der erste Campingbus, der auf dem New Transporter präsentiert wurde, einer mit E-Antrieb ist, und auch Plug-in-Hybride geplant sind (ab Q2 2026), sollen hier zunächst die Vierzylinder-Turbodiesel im Fokus stehen. Aus zwei Liter Hubraum holen die Ingenieure 110, 150 oder 170 PS. Automatikgetriebe und 4Motion-Antrieb sind den beiden großen Leistungsstufen vorbehalten. Der Allrad ist nur in Verbindung mit der Automatik bestellbar, die Vorderachs-Differenzialsperre hingegen nur für den Frontantrieb.
So differenziert sich VW
So weit, so gut – und alles bereits bekannt vom baugleichen Ford Transit Custom? Hier widersprechen die Produktverantwortlichen. Zunächst einmal gibt es die Pritsche mit Doppelkabine nur bei VW. Dass sich daraus tatsächlich auch ein Mehrwert für Camper ergibt, dazu später mehr. Außerdem hat VW im Ford-Werk in der Türkei eine eigene Produktionslinie mit zwei zusätzlichen Qualitätsprüfungen eingerichtet und außerdem 500 Entwicklungsvorgaben durchgesetzt, durch die sich der VW Transporter von seinem Plattform-Bruder abheben soll. Sie reichen von der Sitzschaumhärte und einer zweiten Armlehne bis hin zur Drehmomentkurve.
Und dann wäre da noch das zumindest in Teilen eigenständige Design. Die Font ist auf jeden Fall sehr Bulli-like. An der ansteigenden Fensterlinie und an den senkrechten Rückleuchten erkennt man die Ford-DNA aber doch recht deutlich. Gleiches gilt für die digitale Cockpit-Landschaft (12-Zoll-Kombinstrument und 13-Zoll-Infotainmentscreen) samt der dazugehörigen Software.
Wiederum typisch VW sind die Sondermodelle, die bereits zum Modellstart verfügbar sind – zum Beispiel der PanAmerica mit robuster Optik oder der sportlich-schicke Edition. Generell wurde die Serienausstattung verbessert. Ab Werk sind etwa LED-Scheinwerfer und LED-Rückleuchten, das Multifunktionslenkrad, eine elektronische Parkbremse und zahlreiche Assistenzsysteme verbaut. Zudem stehen vier abwechslungsreiche Lackfarben zur Verfügung, die keinen Aufpreis kosten.
Der VW New Transporter als Campingbus
Für Ausbauer wurde das optionale Camper-Pack geschnürt. Es wertet den Transporter unter anderem um eine Rundumverglasung, höhenverstellbare Drehsitze mit Armlehne und eine Klimaanlage auf. Außerdem entfällt die Bodenplatte. Einige weitere Optionen heben den Transporter auf gutes Campingbus-Niveau. Auch ein Aufstelldach hätte man bei VW gerne angeboten, doch die Ford-Lösung wurde als nicht zufriedenstellend befunden: Der New Transporter benötigt einen speziellen Dachrahmen und eine dezente Tieferlegung, um auch mit Aufstelldach unter zwei Meter Gesamthöhe zu bleiben. Aber VW hat noch ein Ass im Ärmel: die Doka-Pritsche. Sie wurde mit einem Luftleitblech für große Kofferaufbauten homologiert, und weil es bei der Homologation (Stichwort Abgasgrenzwerte) auf die Stirnfläche ankommt, sind Hochdach-Campingbusse auf VW auch in Zukunft zulassungsfähig.
Fahren im VW New Transporter
Also denn: Einsteigen, bitte. Gegenüber dem T6.1 ändert sich an Sitzposition und Übersichtlichkeit zunächst einmal wenig, wobei die Sitzhöhenverstellung für größere Fahrer ein echter Gewinn ist. Zum Glück greift VW inzwischen wieder zum Lenkrad mit haptischen Tasten. Für rund 150 Euro ist es mit Kunstleder bezogen. Sieben mal USB kosten 70 Euro, das Navigationssystem 803 Euro. Weitere 167 Euro werten das Cockpit um Dekorleisten in Hochglanz-Schwarz und ein paar Chromelemente auf – mit großflächig verbautem Plastik bleibt es jedoch beim robusten Nutzfahrzeug-Charakter, selbst in der New Caravelle. Auch dem optionalen Soundsystem von Harman-Kardon mit 14 Lautsprechern merkt man die Differenzierung zwischen Pkw und Nfz an. Wirklich satt klingt die 655 Euro-Anlage nicht.
Der mittige Flaschenhalter im Transporter ist typisch Transit. Ablagefläche gibt es eher mehr als im T6.1 – sie verteilt sich auf gleich zwei Handschuhfächer und auf eine große, offene Ablage hinter den beiden Displays. Stichwort Ergonomie: Der Blick auf die wenig variablen Anzeigen ist in Ordnung, jedoch sind sie zumindest gefühlt leicht gekippt angebracht, was gewöhnungsbedürftig ist. Auch sind einige wichtige Funktionen nur über den Touchscreen wählbar, dessen Software (Ford) ruckelfrei, aber nicht super zügig arbeitet.
Wir sind im Top-Diesel mit 170 PS, Automatik und Frontantrieb unterwegs, dessen Arbeitsgeräusch sehr ordentlich gedämmt wurde – gefühlt besser als im T6.1. Die Lenkung fällt dagegen ein gutes Stück indirekter aus. Beim Fahrkomfort tut sich wenig: Anders als der Transit Custom hatte der T6.1 bereits eine Hinterachse mit Einzelradaufhängung. Ähnlich passabel gelingt es auch dem New Transporter, Unebenheiten auszugleichen, ohne Poltern oder in übermäßiges Schaukeln zu geraten. Dazu sei jedoch gesagt, dass wir ohne Beladung fahren. Entsprechend zügig beschleunigt der Transporter, immer in gekonntem Zusammenspiel mit der Automatik. Und auch beim Spurhalteassistent und der Verkehrszeichenerkennung (beides Serie) gibt es nichts zu meckern.
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E-Transporter: Power auf Wunsch
Auch den New Transporter mit E-Antrieb sind wir schon gefahren. Der Elektromotor leistet maximal 286 PS und 415 Nm, die er ausschließlich an die Hinterräder schickt. Ein besonders fahrdynamischer Bulli? Mag sein. Der Testwagen war mit der Option „Intelligente Beschleunigung“ konfiguriert, die sich nicht deaktivieren lässt. Der gewohnte E-Punch fällt also aus. Dafür beschleunigt der Bulli sehr homogen, ohne Schlupf an den Rädern und sicherlich auch Reichweiten-schonend. An Schnellladesäulen lädt die 64-kWh-Batterie (netto) mit bis zu 125 kW und in 39 Minuten von 10 auf 80 Prozent. Die Reichweite ist mit bis zu 327 Kilometern angegeben.
Die Preise
Bei den Preisen fällt die Beurteilung schon etwas schwerer. Der Grundpreis von 43.768 Euro ist durchaus selbstbewusst, aber nur marginal höher als der des Ford – und die Ausstattung des VW ist besser. Zudem gewährt Volkswagen Nutzfahrzeuge fünf Jahre Werksgarantie, Ford lediglich zwei. Dafür kosten die selben Optionen bei VW etwas mehr als bei Ford. Da sich abzeichnet, dass die Ausbauer beide Basisfahrzeuge anbieten werden, wird die Frage der Basis wohl eine des persönlichen Geschmacks. Ende Legende? Ganz so dramatisch ist es sicherlich nicht.