> Furgok Landsberg im Test

Spanischer Newcomer mit patentierter Raumaufteilung

05.06.2023
Bild & Text: Daniel Schlicke

Ein Newcomer aus Spanien stellt das Bad-Konzept gängiger Kastenwagen konsequent in Frage. Mit Erfolg?

Du stehst kurz vor dem Kauf eines Campers? Dann waren Fahrzeug und Urlaubsform sicher bereits Gegenstand einer Debatte mit der Familie oder dem Bekanntenkreis. Zum Glück können sich – nicht erst seit Corona – immer mehr Menschen einen Campingurlaub vorstellen. Wenn die Körperhygiene per Außendusche und mobiler Toilette stattfinden muss, hört der Spaß bei den Gesprächspartnern erfahrungsgemäß aber auch ganz schnell wieder auf. Und so hat sich ein Standard bei den Kastenwagen durchgesetzt, der alle Nutzungen im Tagesablauf berücksichtigt und ihnen einen festen Platz im Fahrzeug zuschreibt – auch wenn so manche Tätigkeit nur ein paar Minuten am Tag bedarf.

Trotz der großflächig verwendeten Furniere in Holz-Optik wirkt der Wohnraum eher kühl. Natürlich profitiert man beim Raumgefühl vom Wegfall der Nasszelle.

Furgok hat sich eine platzsparende Alternative patentieren lassen, bei der sich der Wohnraum schnell und unkompliziert an jeden Bedarf anpassen lässt. Die spanische Marke präsentierte sich und das Konzept vor gut zwei Jahren erstmals dem deutschsprachigen Publikum, nun wurde ein Händler gefunden: Furgok wird von La Marca importiert, der Händler sitzt in Landsberg am Lech. Und so erklärt sich dann auch, wie die Spanier auf den Modellnamen unseres Testwagens gekommen sind.

Als Basis für den Furgok Landsberg dient – ganz klassisch – ein Sechs-Meter-Ducato mit Werkshochdach. Inklusive Echtglas-Schiebefenstern und der dezenten Beklebung fällt der Campervan kaum als solcher auf, obwohl Furgok keineswegs sparsam umgeht mit den Häkchen auf der Fiat-Aufpreisliste: 160-PS-Motor und Automatikgetriebe sind genauso an Bord wie 16-Zoll- Alufelgen, Full-LED-Scheinwerfer, die Klimaautomatik, Keyless Entry&Go und das Digital-Cockpit. So erklärt sich dann auch der Testwagenpreis von satten 91.510 Euro – zumindest ein wenig.

Obwohl gerade alles teurer wird – die Preise, die Furgok aufruft, sind schon eine Ansage. Der Hersteller rechtfertigt diese neben den Extras fürs Basisfahrzeug auch mit einer gehobenen Ausbauqualität. Und so bleibt die Geräuschkulisse im Fahrerhaus tatsächlich auch bei Fahrten auf schlechten Straßen moderat. Im Wohnraum erkennt man den Qualitätsanspruch zunächst an den in Kunstleder verkleideten Wänden, auf den zweiten Blick an robusten Scharnieren und Auszügen.

Bildergalerie

Der Möbelbau selbst besteht zwar aus klassischem Pappelsperrholz, die Platten allerdings sind mit HPL furniert und an einigen Stellen durch Radiusprofile aus Aluminium verbunden. Als weitere Besonderheit darf die Küchenarbeitsplatte aus Corian genannt werden. Der mineralisch-organische Verbundwerkstoff ist relativ unempfindlich, zudem lassen sich aufwendige Formen realisieren – etwa das in die Arbeitsplatte eingelassene Spülbecken inklusive Haushalts-Ablaufgarnitur.

Zusätzliche Arbeitsfläche bietet eine klappbare Verlängerung (40 mal 40 Zentimeter), ebenfalls aus Corian. Sechs Schubladen (eine mit Besteckeinsatz) und zwei Oberschränke bieten Stauraum für Geschirr und Vorräte, auf dem Zweiflammkocher mit elektronischer Zündung finden ein mittelgroßer und ein größerer Topf gleichzeitig Platz. Der Kompressorkühlschrank von Dometic fasst 108 Liter, arbeitet angenehm leise und ist in einem deckenhohen Schrank bequem auf Arbeitshöhe untergebracht.

Zwei bis drei Personen haben an der Halbdinette mit 60 Zentimeter breitem Tisch gut Platz. Zu viert wird es eng, denn die Sitzbank ist schmal.

Kritik gibt’s für Lichtschalter, Dimmer und Steckdose, die hüfthoch am Küchenblock angebracht sind und so gerne versehentlich betätigt werden. Außerdem muss die Klappkonsole der Arbeitsflächenverlängerung beidhändig bedient werden. Die Sitzgruppe, die durchs Drehen der Fahrerhaussitze entsteht, ist für bis zu vier Personen ausgelegt. Dem wird auch der Tisch gerecht, der 90 mal 60 Zentimeter misst, um weitere 28 Zentimeter verlängert werden kann und ungewöhnlich stabil in der seitlichen Schiene hängt.

 
Die Technik ist gut zugänglich im Podest der Sitzgruppe untergebracht. Mit zwei Aufbaubatterien und einem 600-Watt-Wechselrichter fällt die Serienausstattung üppig aus.

Die Doppelbank ist gerade noch ausreichend breit (83 Zentimeter), um sie als solche nutzen zu können. Eine Einzelperson sitzt dagegen auch längere Zeit bequem, weil Sitzfläche und Lehne schön ausgeformt sind. Unterhalb des Sitzpolsters gibt es ein Staufach, im Podest der Sitzgruppe ist, gut erreichbar, einiges an Technik untergebracht.

Dank der relativ schmalen Bank bleiben dem Mittelgang 47,5 Zentimeter und damit knapp zehn Zentimeter mehr als in vielen anderen Kastenwagen. Dennoch wirkt die fast freistehende Sitzbank, die weit in den Durchgang ragt, etwas störend. Konsequenter wäre – zumindest wenn der Kastenwagen wie üblich fast ausschließlich zu zweit genutzt wird – der Einzelsitz, den Furgok optional anbietet.

Zumal das Raumkonzept von Furgok möglichst viel Bewegungsfreiheit verspricht: Statt an die Sitzbank anschließender, fester Nasszelle steht man auf dem 90 mal 122 Zentimeter großen, mittleren „Flur“ vor einer schlichten Schranktür, die dank Klapp- und Schiebemechanismus zum praktischen Raumteiler wird. Hinter ihr verbergen sich ein großer Spiegel, ein klappbares Waschbecken und eine klappbare Duschtasse – Herzstück der patentierten Raumaufteilung.

 

Die durchdachte Konstruktion ist nicht nur bestens verarbeitet, sie sorgt tatsächlich dafür, dass den einzelnen Nutzungen überdurchschnittlich viel Platz zukommt. 78 mal 72 Zentimeter Grundfläche bietet etwa die Halteschiene des bleibeschwerten Duschvorhangs, 58 mal 75 Zentimeter die Duschtasse – hier klebt also zumindest nicht ständig der Vorhang am Körper. Etwas minimiert sich das Duschvergnügen durch die eingeschränkte Stehhöhe: 182 Zentimeter sind es noch, zumindest wenn der eigene Kopf nicht im serienmäßigen Mini-Heki untergebracht werden soll.

Dass man sich beim Duschen im Spiegel sieht, ist anfangs etwas amüsant. Und es bedeutet gleichzeitig, dass Wasserflecken auf dem Spiegelglas unvermeidbar sind. Wer sich daran stört, löst das Problem einfach mit einem Duschabzieher. Alle anderen müssen lediglich einen fehlenden Handtuchhalter nachrüsten. Die Toilette fährt per Knopfdruck optional elektrisch auf robusten Auszügen aus dem gegenüberliegenden Schrank. Auch hier punktet das Konzept mit viel Bewegungsfreiheit. Manch einer mag sich daran stören, die volle Kassette durch den Wohnraum entnehmen zu müssen und nicht über eine Außenklappe. Kritischer sehen wir, dass man sein Geschäft durch den Raumteiler zwar vom vorderen Wohnraum getrennt verrichtet, nicht aber von den Betten, wo nachts eventuell der Partner schläft.

Das manuelle Porta Potti wird im Premiumpaket durch eine elektrisch ausfahrbare Kassettentoilette ersetzt. Das Grundriss-Konzept erlaubt deutlich mehr Beinfreiheit als in gängigen Nasszellen.
Wind- und Klappergeräusche sind im Testwagen auch auf schlechten Straßen absolut kein Thema.

Zumal der Testwagen auch hier bis zu vier Personen Platz bietet: Statt starren Stockbetten lässt sich die obere Liegefläche (181 mal 135 Zentimeter mit optionaler Verlängerung) elektrisch absenken oder bis unter die Decke fahren. Idealerweise bleibt das untere Bett bei Nichtgebrauch zu Hause, es lässt sich jedoch auch leicht an das obere gurten, etwa um das Fahrzeug spontan großzügig beladen zu können.

Den Vorteil erkauft man sich immer mit etwas knappen Bettenmaßen – auch die untere Liegefläche ist mit 184 Zentimetern nur wenig länger, weil das Bett unterhalb der als Fensterflächen vorgesehenen Karosseriebereiche platziert werden muss. Die Stockbetten bedeuten außerdem den Wegfall der Dachstauschränke. Als einzige Ablage bleibt dem oberen Bett das Staufach über dem Kühlschrank. Auch eine Steckdose, an der man das Smartphone laden könnte, fehlt. Beim eigentlichen Schlafkomfort jedoch gibt es nichts zu meckern.

Der PVC-Bodenbelag ist ziemlich rutschig, in der Heckgarage wären Zurrösen wünschenswert.

Den Bereich unterhalb der angehobenen Betten preist Furgok als zweiten Wohnbereich an, wobei man auf den seitlichen Schränken nur mäßig bequem sitzt. Viel besser: das in den Fahrzeugtüren integrierte Campingmöbel-Set für draußen – auch wenn dafür happige 1.278 Euro Aufpreis fällig sind. Die fahrerseitige Radkastenverkleidung bietet Stauraum, auf der Beifahrerseite sind Gasschrank und Frischwassertank samt Anschluss für eine Außendusche untergebracht. Letzterem fehlt leider eine Reinigungsöffnung, dem Wassersystem allgemein ein Frostwächter.

Das Brauchwasser wird von einem Acht-Liter-Gasboiler von Whale erwärmt, die Luft von einer Webasto-Dieselstandheizung. Beide Geräte sind unterflur montiert. Das bringt akustische Vorteile und spart Platz, bedeutet gerade bei der Standheizung aber auch, dass es einige Zeit lang dauert, bis sich das System erwärmt hat und aus den fünf Ausströmern im Wohnraum auch wirklich warme Luft strömt.

Und so trüben das Testurteil vor allem Kleinigkeiten, die Konfiguration des Testwagens und mit ihr auch der Preis. Bei der Verarbeitung macht der Newcomer bereits vieles richtig, das gut funktionierende Raumkonzept adaptiert Furgok außerdem auf verschiedene Fahrzeuglängen und Alternativen zum verfügbarkeitsgeplagten Fiat Ducato. Wer gesteigerten Wert auf Privatsphäre legt, also nichts von Außen- oder (den seltenen) Sammelduschen auf dem Campingplatz hält, sich gleichzeitig jedoch den Platz für eine feste Nasszelle sparen möchte, der könnte hier tatsächlich fündig werden. www.furgok.com

Infobox

Basisfahrzeug: Fiat Ducato 35 Maxi, Vierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 2.184 cm³, Leistung 118 kW (160 PS) bei 3.500/min, max. Drehmoment 350 Nm bei 1.400/min. Neungang-Wandlerautomatik, Frontantrieb, Euro 6d final

Maße und Massen: (L x B x H) 599 x 205 x 252 cm; Radstand 297 cm; Masse in fahrbereitem Zustand: 3.135 kg (Herstellerangabe), Zulässige Gesamtmasse 3.500 kg

Aufbau: Stahlblechkarosserie mit Werkshochdach (H2), Einzelradaufhängung mit McPherson-Federbein vorn, Starrachse an Längsblattfedern hinten. Stehhöhe 190 cm. Geräusch- und wärmedämmende Kaiflex-Isolierung an Wand und Dach 19 mm plus Kunstleder- oder Filzkaschierung. Boden 20 mm PU, Belag in PVC. Echtglasfenster mit vorgehängtem Insektenschutz und Verdunkelungsrollo

Betten: Heck-Stockbett, quer. Oben: 181 x 135 cm, Matratze 12 cm, unten: 184 x 135 cm, Matratze 7 cm

Füllmengen: Frisch-/Abwasser 125/90 l innen-/außenliegend; Kühlschrank: Dometic 108 l-Kompressor; Gas 2,75 kg. Diesel 70 l, AdBlue 19 l

Serienausstattung: (Auszug) Möbelbau in HPL-beschichtetem Pappelsperrholz, Arbeitsplatte, Waschbecken und Duschtasse aus Mineralwerkstoff, 2x 100-Ah-AGM-Aufbaubatterie, Ladebooster, 600-Watt-Wechselrichter, LED-Innenraumbeleuchtung, 2x Mini-, 1x Midi-Heki von Dometic, Webasto Air Top- Dieselstandheizung, Whale-Gasboiler

Sonderausstattung: (Auszug) 160-PS-Motor 650 €, Automatikgetriebe 1.828 €, Full-LED-Scheinwerfer 731 €, 16-Zoll-Alufelgen 723 €, Premiumpaket u. a. mit elektr. Kassettentoilette Thetford C223, elektr. Hubbett mit Betterweite- rung, Fahrerhausverdunkelung, Tisch & Stuhl-Set, Rückfahrassistent, Tempomat, Klimaanlage, Infotainmentsystem mit Sieben-Zoll-Touchdisplay 10.440 € Testverbrauch: 9,4 l/100 km

Grundpreis: 70.427 Euro

Testwagen: 91.510 Euro

Zum Weiterlesen: Hier geht´s zu unseren weiteren Camper-Tests.

AKTUELLE AUSGABE
08/2024
Abo
abschließen,
Prämie
sichern!
Akuelle image