Langweilig ist anders: Zum Konzeptvergleich zwischen Campingbus und Kastenwagen fahren der Karmann Dexter 560 4×4 von Händler Mi-Mobile und ein kräftig aufgerüsteter Magnum von Werz Reisemobile vor. Beide auf grobstolligen Reifen, die den Campervans zweifelsohne gut stehen. Dennoch: In diesem Konzeptvergleich soll es weniger um Offroad und Fernreisetauglichkeit gehen als um maximal möglichen Wohnkomfort auf begrenztem Raum. Wer Kompaktheit und Alltagstauglichkeit fokussiert, der landet zwangsläufig in einer dieser beiden Fahrzeugkategorien. Noch kompakter geht‘s eigentlich nur mit einem Minicamper.
Ein Blick auf die Maße: Der Karmann Dexter streckt sich mit 3,75 Meter Radstand auf eine Länge von 5,98 Metern, baut stattliche 2,90 Meter hoch. Der Werz-Bulli mit langem Radstand ist mit 5,30 Metern immerhin 70 Zentimeter kürzer, mit 2,50 Metern 40 Zentimeter flacher, sein Radstand um 30 Zentimeter kürzer. Gewaltige Unterschiede? Jein. Mit Aufstelldach statt Hochdach auf dem Magnum und dem kurzen Radstand würden die Differenzen jedoch deutlich größer (VW T61. KR, Radstand: 3,00 Meter, Länge: 4,90 Meter). Das macht sich spätestens an der Mautstation oder auf der Fähre bemerkbar.
Die Entscheidung zwischen Kastenwagen und Bulli wurde früher ganz emotional getroffen – Coolness und Vanlife assoziierten viele Camper doch eher mit dem Bulli. Diese Einschränkung ist Geschichte, der Kastenwagen ist – entsprechend stilvoller Ausbau vorausgesetzt – selbst in dieser besonders hippen Campinggemeinde salonfähig geworden.
Jetzt werden Entscheidungen eher auf Basis ganz pragmatischer Gründe gefällt. Etwas heruntergebrochen: Während beim Kastenwagen Platz- und Stauraumangebot inklusive Nasszelle zur Kaufentscheidung führen, sind es beim Bulli Fahrkomfort und die noch etwas bessere Alltagstauglichkeit. Lassen sich die Grenzen so hart ziehen? Als harte Währung wäre zunächst der Preis: Mi-Mobile aus Remshalden verlangt rund 80.000 Euro für den Dexter 560 4×4 mit Extrem-Umbau – im 4×4-Bereich eine klare Kampfansage, doch Kastenwagen ohne Offroad-Chic sind bereits ab rund 50.000 Euro zu haben.
Der Magnum landet mit seinem Quasi-All-in-Paket mit 129.000 Euro weit jenseits der 100.000-Euro-Markierung. Auch dieser Preis ist zum einen einem ordentlichen Offroad-Paket geschuldet. 90.000 Euro wären mit einer ebenfalls praxisgerechten Ausstattung realistisch möglich. Zum anderen, und so ehrlich muss man sein, handelt es sich bei Karmann um ein Fahrzeug aus der Großserie und beim Werz um ein Manufakturprodukt. Auch Campingbusse gibt es ab etwa 50.000 Euro.
Unterwegs auf Asphalt punktet der VW T6.1 mit spürbar höherem Fahrkomfort, was beinahe Eins zu Eins auch auf andere Vertreter der Fahrzeuggattungen übertragen werden kann: Fahrwerk und Fahrerassistenzsysteme bieten jeweils herstellerspezifische Stärken und Schwächen, jedoch ist der VW T6.1 seinem größeren Bruder, dem Crafter, überlegen, die Mercedes-Benz V-Klasse dem Sprinter, der Ford Transit Custom dem Transit und so weiter. Jedoch sei erwähnt, dass die Kastenwagen hier stetig aufholen, nicht zuletzt dank gesetzlicher Bestimmungen bei den Assistenten. Gleiches gilt für den Kraftstoffverbrauch.
Die Basis bedingt auch, ob der Campervan bereits werksseitig mit einem brauchbaren Hochdach ausgestattet ist. Beim Kastenwagen ist das für gewöhnlich der Fall, Stehhöhe ist auch für Erwachsene gegeben. Zur Not greift man – wie Karmann im Dexter 560 – eben auf das Superhochdach (H3) zurück.
Dann könnte sogar ein doppelter Boden mit zusätzlichem Stauraum und isoliert verbauter Technik/Tanks realisiert werden. Beim Campingbus sieht‘s anders aus. Stehhöhe erreichen die Hersteller nur, indem sie ein Aufstelldach oder – wie beim Werz Magnum – ein Hochdach nachrüsten. Allein dafür stehen mindestens 5.000 Euro in der Kalkulation des Campingbus-Ausbauers, die bei einem Kastenwagen nicht berechnet werden müssen. Im Falle des Magnum mit Polyroof-Hochdach sogar noch weitere 3.500 Euro, allein für das Panoramafenster.
In der Regel bringen die Campingbus-Hersteller ein zusätzliches, abklappbares Doppelbett mit rund 200 mal 110 Zentimeter Liegefläche im Aufstell- oder Hochdach unter. Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel, und so nutzt Werz die Dachschrägen im Magnum für zusätzliche Staufächer. Wer zu viert unterwegs sein oder getrennt schlafen möchte, findet die Option Dachbett jedoch auch bei Werz oder Aufstelldächer bei vielen Kastenwagen-Herstellern.
Und wie sieht es mit dem Ausbau aus? Auch wenn der Dexter mit seinem extrovertierten Äußeren Anderes suggeriert, im Wohnraum handelt es sich um einen ganz klassischen Kastenwagen, der immerhin aber alles für‘s Camping mit moderat gesteigertem Wert auf Autarkie bietet: Toilette, Dusche, LiFePO4-Batterie, Solar, Dieselheizung. Das passt auf den ersten Blick. Auf den zweiten ist das Bett mit 189 mal 138 Zentimeter für großgewachsene Camper etwas zu kurz geraten, und der Ausbau präsentiert sich auf rauerem Asphalt als sehr mitteilungsbedürftig: es knarzt und klappert.
Leider gilt das nicht zuletzt aufgrund des größeren Resonanzkörpers für fast alle Kastenwagen, die mit Campingbussen verglichen werden.
Nur im Dexter gibt's ein Bad
Der größte Vorteil des Kastenwagens mit klassischem Grundriss: Jeder Nutzung ist ein dafür vorgesehener Platz im Fahrzeug zugeschrieben. Es gibt ein fest verbautes Bett, eine feste Küchenzeile, eine feste Nasszelle und um eine großzügige Sitzgruppe zu erhalten, müssen lediglich die Fahrerhaussitze gedreht werden.
Auf der kleineren Grundfläche eines Campingbusses ist man auf Umbauarbeiten angewiesen, damit etwa ein Bett aus der Sitzbank wird. Doch selbst dann reicht der Platz bis auf wenige Ausnahme-Grundrisse nicht für einen Sanitärraum.
Trotz langem Radstand: Stauraum gibt’s, das ist keine Frage, im Magnum deutlich weniger als im Dexter – dafür mindestens genauso gut verteilt und organisiert. Der klassische Campingbus bietet fahrerseitig einen deckenhohen Schrank hinter dem Küchenblock und dadurch eigentlich etwas mehr Stauraum, als es im Magnum der Fall ist.
Werz setzt stattdessen auf ein Bett, das über die gesamte Fahrzeuginnenbreite reicht (165 Zentimeter). Üblicher sind eher 110 Zentimeter. Ungewöhnlich ist auch, dass eine Therme an Bord ist, Warmwasser ist somit kein Problem. Es bleibt allerdings bei einer schlichten Außendusche und entsprechend weniger Privatsphäre. Eine mobile Toilette könnte hinter dem Beifahrersitz Platz finden, für die Privatsphäre gilt jedoch dasselbe. Dass der Holzkorpus der Nasszelle fehlt, hat jedoch auch einen Vorteil: Das Raumgefühl im
Magnum ist großzügig und bietet unerwartet viel Bewegungsfreiheit – eigentlich mehr als im Dexter. Besonders in dessen schmalen Mittelgang geht’s deutlich beengter zu.
Fazit
Was uns wieder zu der eingangs gestellten Frage zurückbringt: Lassen sich die Grenzen so hart ziehen? Ist der Kastenwagen in jeglicher Hinsicht das größere Fahrzeug, das größerem Anspruch gerecht wird? Nicht unbedingt. Auch für den Campingbus lässt sich – von der Aufbau-Klimaanlage vielleicht einmal abgesehen – mittlerweile jegliches Zubehör-Gerät finden. Derart aufgerüstet ist der Campingbus beinahe auf Augenhöhe mit einem Kastenwagen, zumindest mit einem besonders kompakten Modell. Zudem sind es vor allem die kleineren Campingbus-Ausbauer, die mit cleveren Ideen und teils jahrzehntelangem Optimieren das Maximum aus der kompakten Basis holen. Der klassische Kastenwagen ist doch eher Massenware.
Wie immer gilt: Vor dem Kauf den Innenraum einmal intensiv auf sich wirken lassen, oder besser noch ausprobieren. Wer einen (so kompakten) Camper zunächst mietet, kann einmal packen, fahren, kochen, duschen und schlafen – und sehen, ob‘s passt.
Mehr Infos zum Magnum gibt’s auf www.werz-wohnmobile.de
Mehr Infos zum Dexter gibt’s unter www.karmann-mobil.de
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