> Wie gut campt der alltagstauliche Van?

Schon getestet: VW California Ocean (2025)

13.09.2024
Text: Daniel Schlicke | Bild: VWN

Was, wenn endlich Urlaub ist?, fragten wir nach der Präsentation des neuen, jetzt noch alltagstauglicheren VW California Ocean. Nun lud VW nach Slowenien und an die Adria Kroatiens, damit wir uns die Frage selbst beantworten können.

Das meistverkaufte Reisemobil geht in die nächste Runde und dieses Mal ist deutlich mehr passiert als etwas Feinschliff im Detail. Ohne erneut allzu tief auf die Hintergründe eingehen zu wollen (die hatten hier geklärt): Der neue California baut erstmals nicht auf der aktuellen Generation des „T“. Basis ist stattdessen der lange Multivan, laut VW im Sinne der Kunden, denn die nutzen den California vorrangig im Alltag.

Entscheidend war beispielsweise, dass der Multivan auch mit Aufstelldach und Markise unter zwei Meter Höhe bleibt – das wäre mit dem Nachfolger des T6.1, ein Kooperationsprodukt mit Ford, nicht gelungen. Dass die Multivan-Basis für einen Campingausbau jedoch auch Hürden mit sich bringt, beispielsweise eine zweite Schiebetür, dafür will der Hersteller praxistaugliche Lösungen gefunden haben.

Bevor wir uns von diesen überzeugen können, schickt man uns jedoch auf die Piste. Auf den Vršič-Pass, Sloweniens höchstem befahrbaren Gebirgspass, um genau zu sein. In fünfzig Haarnadelkurven windet sich die Straße bis auf 1.611 Meter und zurück auf Slowenisches Normalniveau.

Für alle, die das Fahrverhalten des Vorgängers gewohnt sind, heißt es erstmals: umdenken. Durch den langen Vorderwagen, und weil man deutlich weiter hinten im Fahrzeug sitzt, verschiebt sich gefühlt der Einlenkpunkt. Nach ein paar Spitzkehren hat man den Bogen aber raus und dann profitiert der Fahrer von der viel präziseren Lenkung des Multivan.

Auch poltert das Fahrwerk weniger als beim Vorgänger. Selbst der 150-PS-Basismotor ist gut für halbwegs sportliche Passfahrten, nur die Automatik reagiert bei raschem Gasbefehl etwas verschlafen. Der Sportmodus hilft, dann liegt ein passenderer Gang an.

Bei der Studie war der Dachspoiler noch schwarz. Nun, in weiß lackiert, ergibt sich eine viel harmonischere Heckansicht.
Foto: VWN

Die Fahrmodi werden über eine der wenigen Direktwahltasten gesetzt – da hätten wir andere Prioritäten gehabt, aber das Infotainmentsystem ist nicht so schlecht, wie ihm nachgesagt wird. Es läuft (inzwischen) flüssig und die meisten Funktionen sind mit zwei, drei Klicks oder komfortabel per Sprachbefehl ausgewählt. Ein weiteres Feature, das nicht zu unterschätzen ist: Fahrer mit langen Beinen können den Sitz nun hochpumpen, auch das ist ein großer Komfortgewinn.

Licht und Schatten beim Fahren im neuen VW California Ocean

Komfortgewinn verspricht Volkswagen auch, weil dank Multivan-Basis (und sehr gut ausgestattetem Testwagen) alle möglichen Assistenzsysteme an Bord sind – viele eine Spur moderner und auch besser als der heutige Nutzfahrzeug-Standard. Beispielsweise bremst der Abstandstempomat den neuen California exakt auf das Tempo ein, mit dem die nächste Kurve komfortabel genommen werden kann. Das funktioniert ohne ruckartiges Bremsen und ohne Verkehrszeichen, das die entsprechende Geschwindigkeit vorgibt. Nebenbei hilft der feinfühlige Spurassistent, eine saubere Linie zu halten.

Ein bisschen unnötig ist wiederum, dass der Wagen bei aktiviertem Tempomaten auch beschleunigt, wenn er ein Verkehrsschild erkennt, dass das Tempolimit auf- oder anhebt. Und die Verkehrszeichenerkennung ist zumindest in Slowenien wenig zuverlässig. Auf der Autobahn bremste der Testwagen schon mal auf Tempo 60, weil er das blaue Schild mit der Mindest- für die Maximalgeschwindigkeit hielt. In Deutschland soll das besser funktionieren, versprechen uns die VW-Verantwortlichen auf Nachfrage, doch bei einem Reiseauto ist das kein wirklicher Trost.

Neues Raumgefühl: Die zweite Schiebetür und der gekürzte Küchenblock bringen viel Luft und licht in den Ausbau. Die verschiebbaren Einzelsitze sind deutlich bequemer als die zuvor verwendete Doppelbank.
Foto: VWN

Umdenken heißt es auch beim Beladen: Nachdem wir uns im Supermarkt mit dem Nötigsten eingedeckt haben, genügt der Griff durch die zweite Schiebetür und das Kühlgut ist verstaut. Auch das bringt viel Komfort, gerade im Alltag, wenn nicht nur Einkäufe, sondern auch Mitfahrer im Fond unterkommen sollen. Diese sitzen im neuen California auf deutlich bequemeren Einzelsitzen, die sich mit schlanken 24 Kilogramm alternativ auch viel einfacher ausbauen lassen, als die bleischwere Doppelbank des Vorgängers.

Früher war im Küchenblock Platz für große Töpfe, massig Vorräte und sogar für eine mobile Toilette. Das sieht nun anders aus.
Foto: VWN

Beim Campen hingegen kann VW nicht kaschieren, dass der wertvollste Stauraum in einem Campingbus – nämlich der im Küchenblock – nun eindeutig kleiner ausfällt. Immerhin hinter einer praktischen Schiebetür, kommen hier gerade noch das Besteck und ein kleiner Topf, die Bialetti, etwas Kaffee und zwei Packungen Nudeln unter.

In Zukunft werden weitere Vorräte und größeres Kochgeschirr in den vorderen Teil des deckenhohen Stauschrank wandern müssen – der ist ausreichend groß und das lichte Maß zum Beladen misst 26 Zentimeter (im Küchenblock: 20 Zentimeter). Auch die Spüle ist recht klein und das Kochfeld bietet nur noch eine Flamme. Die allerdings könnte durch den 33 mal 45 Zentimeter großen Coffee-Table und einen zusätzlichen Kocher ergänzt werden, dank 230-Volt-Steckdosen sogar um ein Induktionskochfeld.

Der Coffee-Table kann an Vorder- und Rückseite sowie stirnseitig am Küchenblock arretiert werden – dann ist auch Arbeitsfläche vorhanden. Der größere Tisch (83 mal 51 Zentimeter) kommt leider nicht mehr in der Schiebetür unter, aber auch er kann nun am Küchenblock eingehängt werden, sodass die Platzverhältnisse an der Sitzgruppe auf dem Niveau des Vorgängers liegen. Auf dem Fahrersitz ist dank gekürztem Küchenblock sogar deutlich mehr Platz, auf dem äußeren Einzelsitz im Fond konkurriert man hingegen mit dem Tischbein.

Clever: Der Coffee-Table kann an Vorder- und Rückseite sowie stirnseitig am Küchenblock des neuen VW California Ocean arretiert werden – dann ist auch Arbeitsfläche vorhanden.
Foto: VWN

Der größere Tisch (83 mal 51 Zentimeter) kommt leider nicht mehr in der Schiebetür unter, aber auch er kann nun am Küchenblock eingehängt werden, sodass die Platzverhältnisse an der Sitzgruppe auf dem Niveau des Vorgängers liegen. Auf dem Fahrersitz ist dank gekürztem Küchenblock sogar deutlich mehr Platz, auf dem äußeren Einzelsitz im Fond konkurriert man hingegen mit dem Tischbein.

Zurück zur Stauraum-Situation. Um den weniger geräumigen Küchenblock möglichst gut zu kompensieren, ist der Dachstauschrank sehr viel größer geworden. Zusätzlich gibt es eine schlanke Fenstertasche, die etwas mehr Tiefe hätte vertragen können, was wegen der Airbags nicht möglich gewesen sei. Durch sinnvolle Unterteilungen ist sie dennoch gut nutzbar. Die Einzelsitze bieten immerhin kleine Schubladen für Schmutzwäsche, auch wenn diese lange nicht mit dem Volumen derer im Vorgänger mithalten können.

Neu: Eine Fenstertasche, die zusätzlichen Stauraum bietet.
Foto: VWN

Auch der Kofferraum ist kleiner geworden. Euroboxen-taugliche 33 Zentimeter Höhe bleiben unter der Bettenverlängerung, die sich, wie die Einzelsitze, ganz leicht ausbauen lässt. In der Breite bleiben 89 Zentimeter, die Tiefe beträgt je nach Position der Einzelsitze mindestens 100 Zentimeter.

Bildergalerie

Betten bequemer, aber kleiner

Darüber liegt das Matratzenpaket, das sich mit wenigen Handgriffen zur 200 mal 106 Zentimeter großen Liegefläche ausklappen lässt. Dafür müssen die Kopfstützen gedreht und die Einzelsitze umgeklappt werden.

Im Vergleich zur Bank im alten California – auf der man in erster Linie bequem sitzen konnte – schläft sich das Bettenmodul sehr viel bequemer.
Foto: VWN

Weil sich das Bettenmodul fahrerseitig auf dem Möbel abstützt, funktioniert die Konstruktion auch mit nur einem Einzelsitz. Dann könnte links beispielsweise eine Hundebox oder eine Toilette gestellt werden. Beim Schlafkomfort übertrifft der neue California seinen Vorgänger locker, obwohl die Liegefläche acht Zentimeter schmaler geworden ist und die Matratze, anders als im Caddy California, keine integrierten Tellerfedern bietet. Doch zu zweit wird’s sicherlich eng.

Das 204 mal 111 Zentimeter große Dachbett mit Lattenrost und Federtellern ist also noch ein Stück bequemer, fällt im Vergleich zum Vorgänger aber ebenfalls acht Zentimeter schmaler aus. Neu ist die Position von Pumpe und Ausgleichsbehälter, die das optional elektrohydraulische Dach anheben, was dadurch deutlich leiser geschieht.

Ansonsten weiß der neue California, wie schon sein Vorgänger, durch die Vorzüge der automobilen Serienfertigung zu gefallen: Mit einer Drei-Zonen-Klimaautomatik, die sauber ins Dach und sogar in den Möbelbau integriert ist. Mit Verdunkelungsrollos – wenn auch nicht mehr für das Fahrerhaus – ist der Wohnraum in Sekundenschnelle blick- und lichtdicht abgeschottet. Für vorne gibt es jetzt textile Matten mit Magnethalterung, die etwas mehr Geduld erfordern.

Dann erst kommt das umfangreiche Beleuchtungskonzept so richtig zur Geltung, das sich perfekt über die einzelnen LED-Leuchten, über das zentrale Touch-Display an der B-Säule oder die Smartphone-App steuern lässt. Display und App können freilich weitaus mehr, letztere hilft sogar bei der Stellplatzsuche.

Sogar der Wohnraum-Teppich weiß zu gefallen, denn er lässt sich um den Verschiebebereich der Einzelsitze falten – klingt nach einer Nichtigkeit, doch längst nicht in jedem Kastenwagen mit optionalem Teppich-Set lassen sich die untersten Schubladen ungehindert öffnen.

Aus dem Tablet der Vorserie ist ein kleiner (5 Zoll) Touchscreen geworden.
Foto: VWN

Die Preise starten bei zirka 80.000 Euro

Nun dürfte es niemanden überraschen, dass all die Features auch als Neuinterpretation des California eine ganze Stange Geld kosten. Mit etwas über 84.000 Euro liegt das Topmodell Ocean preislich nochmal ein paar Tausender über dem Vorgänger.

Wobei erwähnt sei, dass ab 77.832 Euro wieder ein Coast verfügbar ist – dieser kommt allerdings ohne den wertvollen Dachstauschrank. Also: Was, wenn endlich Urlaub ist? Für ein abschließendes Fazit müssen wir den Cali noch länger und mit mehreren Personen bewohnen. Ganz verkehrt ist das Konzept aber nicht, im Gegenteil. Man muss nur etwas umdenken.

Infobox

Technische Daten

Basisfahrzeug: VW Multivan 2.0 TDI SCR Vierzylinder-Turbodiesel*, Hubraum 1.968 cm³, Leistung 110 kW/150 PS), max. Drehmoment 360 Nm. Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe, Vorderradantrieb. Abgasnorm Euro 6d.

*Optional steht ein Turbobenziner mit 204 PS gegen Aufpreis zur Wahl, zudem folgt bald ein Hybrid-Antrieb.

Maße und Massen: (L x B x H) 517 x 194 x 197 cm, Radstand: 312 cm. Masse im fahrbereiten Zustand: 2.462 kg*, zul. Gesamtmasse: 2850 kg.

Aufbau: Stahlblechkarosserie (L2) mit zwei Schiebetüren. Einzelradaufhängung mit McPherson-Federbein vorn und Schraubenfedern hinten. Werks-Isolierverglasung getönt mit zwei Schiebefenstern, elektrohydraulisches Aufstelldach aus Alum iniumverbund.

Bett: unten: 200 x 106 cm, Aufstelldach: 204 x 111 cm.

Füllmengen: Frisch-/Abwasser: 29 l/22 l innenliegend. Gas: 2,75 kg, Diesel, 58 l, AdBlue 22 l.

Serienausstattung: (Auszug) Schienensystem mit Einzelsitzen, Bettmodul, Schrankzeile aus Verbundmaterial u.a. mit Gaskasten, Außendusche, Kompressorkühlschrank und Gaskocher; zentrales Bedienpanel mit 5-Zoll-Touchdisplay, manuelles Aufstelldach mit Dachbett inkl. Federtellersystem, 2x 80-Ah-LiFePO-Aufbaubatterie, 300-Watt-Wechselrichter, Diesel-Standheizung, Campingmöbel, Verdunkelungen.

Grundpreis: 84.359 Euro

www.volkswagen-nutzfahrzeuge.de

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