Gebrauchter VW T4 California Exclusive im Check: Diesmal widmen wir uns im Gebrauchtwagen-Check einem Hochdachkombi. Diese Bauart verliert zwar aufgrund ihrer Höhe jegliche Tiefgaragentauglichkeit, bietet dafür aber einen höheren Wohnkomfort und eine deutlich komfortablere Unterbringung bei schlechtem Wetter, als sein Artgenosse mit Aufstelldach. Der VW T4 California Exclusive basiert zudem auf dem Chassis mit langem Radstand, was ihn in Innenstädten mit einer Gesamtlänge von 5,19 Metern nicht gerade zum Leicht-Parker macht, er aber immer noch deutlich praxistauglicher ist als zum Beispiel ein Van der Sechs-Meter-Klasse. Zudem punktet der exklusive Cali mit einem tollen Raumgefühl, einem kleinen Sanitärbereich und permanenter Stehhöhe.
Wie viel mehr darf es sein?
So zeigt auch der eigentlich kompakte Exclusive einmal mehr das Spannungsfeld bei Reisemobilen auf, das sich niemals auflösen lässt. Die Suche nach dem perfekten Kompromiss, zwischen Fahr- und Wohnkomfort. Denn die optimale Lösung liegt immer in den Augen des Betrachters. Oder viel mehr in dessen Interessen und Prioritäten. Soll es gut zu fahren oder gut zu bewohnen sein? Auch innerhalb der Redaktion treibt uns diese Frage immer wieder um. Einig sind wir uns indes, dass es auf Reisen grundsätzlich gerne weniger denn mehr sein darf. Weswegen wir zwar ab und an in einen Alkoven, Teil- oder Vollintegrierten der Reisemobil International Kollegen hineinschauen, diese aber kaum für unsere Trips nutzen.
Ein California Exclusive allerdings passt genau in unser Beuteschema, vor allem, wenn die Reise in Gebiete geht, die keine Sonnengarantie oder Wettersicherheit bieten. Schlechtwetter und einstellige Temperaturen verlieren durch das isolierte Festdach ihren Schrecken. Auch eine Übernachtung auf einem Parkplatz ohne WC rückt nun in den Bereich des Möglichen, was die Anzahl möglicher Stellplätze deutlich erhöht. Zumal dem Festdach-Van gegenüber seinem Klappdach-Kollegen ein Camping- oder Übernachtungsbetrieb nicht sofort angesehen wird.
Infobox
VW T4 Westfalia California Exclusive
Baujahr: 1996
Fahrzeug: VW Bus, Baureihe T4, mit 75-kW-(102- PS)-Turbodiesel-Motor und Fünfgang-Schaltgetriebe, Frontantrieb
Maße und Gewichte: Zulässiges Gesamtgewicht: 2.800 kg, Leergewicht fahrbereit 2.363 kg*.
Außenmaße (L x B x H): 519 x 184 x 260 cm, Radstand: 332 cm
Fahren/Schlafen/ Wohnen: 4 Sitzplätze mit Dreipunktgurt. Vierer-Sitzgruppe mit Tisch, Kassettentoilette im Heck, Außendusche.
Bettenmaße: Dach: 200 x 107 cm, Sitzgruppe: 189 x 102 cm
Füllmengen: Kraftstoff: 80 l, Frischwasser: 47 l*, Abwasser: 65 l*, Gasvorrat: 1 x 2,75 kg
*Herstellerangabe
Übersichtliches Angebot
Als VW, beziehungsweise Westfalia, den California Exclusive 1995 aus dem Ei (des Columbus) pellte, war er nicht nur vom Grundriss her exklusiv, sondern auch so eingepreist. Der Einstieg ohne Extras mit dem lahmen, 50 kW (68 PS) schwachen 1,9-Liter-Vorkammer-Turbodiesel stand mit 58.776,50 DM in der Preisliste abgedruckt. Wohlgemerkt ohne Extras. Da fehlten Sachen wie Radio, ABS, Airbag, Anhängekupplung und Standheizung. Immerhin gab es da bereits eine Servolenkung serienmäßig.
Für einen im August 1999 von unserer Schwesterzeitschrift getesteten Exclusive mit dem populären, zuverlässigen 75-kW-(102-PS)-TDI-Motor sowie einer standesgemäßen Ausstattung standen dann bereits knapp 83.000 DM auf dem Zettel, zuzüglich Vorfracht, TÜV und Kfz-Brief. Zum Vergleich: eine Schachtel Marlboro kostete damals am Automaten ganze fünf Mark. Die damalige Preisgestaltung erklärt auch den heutigen Markt, denn angesichts derer wurde eine warme Semmel, beziehungsweise ein normaler California mit Klappdach, deutlich häufiger verkauft.
Tobias aus Köln ist einer der heutigen Besitzer eines Exclusive und bietet ihn im PLZ-Bereich 51069 im Internet (mobile.de und ebay-kleinanzeigen.de) zum Verkauf an. Die Inseratsangaben stimmen positiv, sofern man mit einem 1996er-Modell mit 360.000 Kilometern auf dem Tacho leben kann. Motorisiert ist der Bolide mit dem 75-kW-(102-PS)-TDI, Motorkennbuchstabe ACV, der bei guter Pflege locker über 500.000 Kilometer und mehr abspult. Sofern regelmäßig (alle 120.000 km) die Zahnriemen inklusive der Spannrollen gewechselt werden.
Auch die Getriebe halten in der Regel diese Distanz durch, eine Kupplung schafft je nach Fahrer und dessen Talent zwischen 250.000 bis 350.000 Kilometer. Traggelenke an der Vorderachse, vor allem die unteren, halten dagegen oft nur mit Mühe 100.000 Kilometer durch. Technisch tiefgehende und sehr fundierte Kaufberatungen zum Thema VW T4 sind im Internet viele zu finden, wir können hier, dafür bitten wir um Verständnis, die Technik nur leicht anreißen.
Klare Empfehlungen haben wir für alle T4-Interessenten dennoch. Zum einen findet sich im Netz der „VW Bus Checker“ unter https://blog.buschecker.de, auch auf Instagram und Facebook ist er unterwegs.
Ein wahres Füllhorn an Informationen zum VW T4 ist zudem das T4 Wiki-Forum (www.t4-wiki.de).
Augen auf beim T4-Kauf
Doch zurück zu Tobias. Ihm ist sein Exclusive zu klein geworden, ein größerer Transit steht bereits unter dem Carport, der California davor. Bei der ersten Umrundung kommt ein wenig Ernüchterung auf, denn die 360.000 Kilometer auf dem Tacho des 96er-Modells haben ordentlich Spuren hinterlassen. Diverse, leider T4-übliche Rostansätze an Kotflügeln, Scheibenrahmen und Schiebetüre sind vorhanden, und rufen nach zeitnaher Aufmerksamkeit.
Dafür sind Scheinwerfer, Motorhaube und Windschutzscheibe nicht groß von Steinschlägen malträtiert. Positiv stimmen die rostfreie Tankklappe sowie die intakten Frontkotflügel. Diese werden auch „Komposter“ genannt, da sich dahinter viel Laub und Dreck ansammelt (eingespült durch die Ablauflöcher unterhalb der Windschutzscheibe) und dort vergammelt. Wir wenden uns nach einem kurzen Blick auf den ordentlichen Unterboden dem Innenraum zu.
Innen Hui?
Auch im Innenraum lässt sich das knappe Vierteljahrhundert der Existenz und Nutzung nicht verheimlichen. Die Polster, egal ob Vordersitze oder die der Bank im Heck, bedürfen einer gründlichen Reinigung, der Lenkradkranz ist komplett verschlissen. An der Heckbank fehlt, wie bei 90 Prozent der California Exclusive, die klappbare Armlehne. Dazu kommen kleinere Abplatzer an beschichteten Metalloberflächen und die Kantenbänder, die zusammengeschrumpelt sind.
Doch Obacht, was zunächst etwas abgerockt oder verwohnt wirkt, birgt Potenzial. Denn grundsätzlich ist, abgesehen von der hinteren Armlehne, alles an Bord und funktioniert. Alle Scharniere und Verschlüsse sind intakt, die Rollos an den Schränken laufen sauber, der große Tisch sitzt korrekt in seiner Halterung in der Schranktüre. Im Bad läuft ebenfalls alles nach Plan. Das Klappwaschbecken klappt, das Wasser läuft und die Toilette ist einsatzfähig. Lediglich am Dachfenster links ist die Verkleidung des Fensterrahmens kaputt und wird unschön von Pappstücken an ihrem Platz gehalten. Ob es diese noch als Ersatzteil gibt ist fraglich, beziehungsweise eher unwahrscheinlich.
Gebrauchtkauf VW T4: Soll es dieser Exclusive werden?
Das ist eine gute Frage, die seriös nur zu beantworten ist, wenn man eine eiserne Grundregel des Gebrauchtkaufgeschäfts einhält. Und diese lautet: Niemals das erste Auto kaufen, immer mehrere besichtigen. Wer mit der Patina Innen und Außen leben kann, sollte über ein Angebot an Tobias nachdenken. Wem der Exclusive zu verwohnt ist, der muss weiterziehen.
Für Tobias als Verkäufer spricht vor allem eins. Seine Ehrlichkeit. Er wies uns auf die defekte Klappe im Luftverteilerkasten hin, die er vor dem Verkauf noch reparieren lässt. Hierbei handelt es sich um einen häufigen Defekt beim VW T4, der aufwendig zu beheben ist, da zur Reparatur das komplette Armaturenbrett demontiert werden muss. Im Zuge dieses Eingriffs plant Tobias, auch das Lenkrad neu beziehen lassen, was den ganzen Wagen aus Fahrersicht um Galaxien aufwertet. Zudem sollen Beulen, Rostansätze, Kratzer und Macken in der Außenhaut per Smart-Repair abgearbeitet und der Innenraum professionell aufbereitet werden.
Alles in allem investiert der jetzige Halter also noch einen kleinen vierstelligen Betrag in sein Ex-Auto, was nicht nur löblich, sondern vor allem fair ist. Bleibt dann nur noch die Frage nach dem Preis. Uff, ein hartes Thema, denn das Angebot an California Exclusive ist wirklich überschaubar. Wenn alle Reparaturen und die Aufbereitung erfolgreich waren, wird der Wagen in einem Fenster von 22.500 bis 26.500 Euro unterwegs sein. Für was ihn Tobias letztendlich abgibt, müsst ihr selbst herausfinden. Viel Erfolg dabei!
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